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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

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Heft 1/2
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Bombe, Walter: Florentiner Miniaturen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0033

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FLORENTINER MINIATUREN
Mit 10 Abbildungen Von WALTER BOMBE
11! fahrend des Krieges ift vor einigen Monaten im feindlichen Auslande, aber von
VV einem deutfchen Verleger, Leo S. Oifchki in Fiorenz, forgfam ediert, das lange
erwartete Werk D'Anconas über die Florentiner Miniaturmalerei erfchienenA Eine
zufammenfaffende Arbeit über diefes Forfchungsgebiet hat uns bis jet)t gefehlt, und
der einzige lange zurückliegende Verfuch zu einer folchen ift in den Anfängen ftecken
geblieben. Seit Gaetano Milanefi eine „Storia della Miniatura Italiana" als Sonder-
druck aus feiner bei Le Monnier erfchienenen erften Vafari-Ausgabe an das Licht
brachte, find 65 Jahre vergangen," die ergebnisreichen unferer kunfthiftorifchen For-
fchung. Wie wertvoll auch Milanefis in der Hauptfache auf Florenz und Siena be-
fchränkte Unterfuchungen als Urkundenmaterial waren, fo verfagten fie doch völlig nach
der ftilkritifchen Seite, weil ihrem Verfaffer eine ausreichende Kenntnis des heute in
alle Winde zerftreuten Denkmälerbeftandes fehlte. Aus diefem Grunde hat Paolo
D'Ancona, um zu klaren Vorftellungen von Wert und Wefen der Florentiner Miniatur-
malerei zu gelangen, von Grund auf und zum erften Male das ganze ungeheuere
Material durcharbeiten müffen. Eine zehnjährige Tätigkeit und Reifen in faft alle
großen Kulturzentren Europas waren hierzu erforderlich, ln zwei Bände hat D'Ancona
fein Werk eingeteilt. Im erften Bande gibt er die Gefchichte der Florentiner Miniatur
von den Anfängen bis tief in das 16. Jahrhundert hinein und 110 Lichtdrucktafeln mit
Wiedergaben der bedeutendften Leitungen diefes Kunftzweiges, im zweiten Bande ein
befchreibendes Verzeichnis der zu überfichtlichen Gruppen vereinigten Handfchriften,
nicht weniger als 1717 an Zahl.
Aus dem 11. und 12. Jahrhundert find nur verhältnismäßig wenige und nicht immer
mit Sicherheit datierbare Florentiner Bilderhandfchriften auf uns gekommen. Sie zeigen,
daß wie anderwärts, fo auch in Florenz die Kunft des Hluminierens in ganz anderer
Weife mit der Überlieferung früherer Zeiten verbunden ift als die Malerei und die
Skulptur. Der Umftand, daß die Miniatur damals faft ausfchließlich im Dienft der
Kirche ftand und hauptfächlich von Mönchen und Geiftlichen gepflegt wurde, die Schulen
von Kalligraphen und Miniatoren ins Leben riefen, trug dazu bei, daß die alte byzan-
tinifche Tradition immer gleichbleibende Leitungen diefer Richtung, zuleßt mit romani-
fchem Einfchlag, hervorbrachte. Der am Hergebrachten hängende Geift diefer „Ars
Sacra" ift allen Neuerungen abgeneigt, auf das genauefte werden die überlieferten
ikonographifchen Regeln beobachtet. Die vielfachen Reifen künftlerifch tätiger Mönche
von Klofter zu Klofter haben eine Verwifchung nationaler Eigentümlichkeiten zur Folge;
die Miniatur des 11. und 12. Jahrhunderts ift eine im ftrengften Sinne internationale
Kunftübung. Bis tief in das 14. Jahrhundert hinein finden wir in Florenz byzantini-
fierende und romanifche, und bis tief in das 15. giotteske Formenelemente. Im 13. Jahr-
hundert erweifen fich die Bolognefer Nachfolger des Oderifi aus Gubbio als ftarke An-
reger, im 14. klärt fich der Stil und bilden fich verfchiedene Typen heraus: eine etwas
nüchterne literarifche Richtung, die Klaffiker-Handfchriften und die bildlichen Dar-
ftellungen zur Göttlichen Komödie umfaffend, eine volkstümliche Richtung, der vor allem
Heiligenlegenden und von profanen Handfchriften der berühmte Biadajuolo in der
* Paolo D'Ancona, La Miniatura Fiorentina (SecoliXl—XVI), Firenze, Leo S. Oifchki
Editore, 1914, foiio. Voi. I, Testo e tavoie. Voi. 11, Catalogo descrittivo. Tavole dell'lstituto
Micrografico di Firenze. 300 numerierte Exemplare, Preis 200 Lire.
" G. Milanefi, Storia delia Miniatura Italiana, con documenti inediti, Firenze 1850. Tolta dal
l'Edizione de! Vafari di Le Monnier. (Libreria Eredi Grazzini, G. Dotti.)

Der Cicerone, VIII. Jahrg., Heft 1/2

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