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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

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Heft 17/18
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Ausstellungen
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Entdeckungen. Funden
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0387

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ENTDECKUNGEN, FUNDE

neuen Wege, zu dem der Künftler in logifcher
Entwicklung hinkam, Schöpfungen, die agressiv
find, weil fie fich vom „Modell" freigemacht
haben. B.
ENTDECKUNGEN + FUNDE
EIN NEUER REMBRANDT Die Firma
Asscher & Koetser in Amfterdam war fo
glückiich, kürziich in England ein Gemälde zu
erwerben, in dem die holiändifchen Kenner ein-
ftimmig ein Werk Rembrandts aus feiner Spät-
zeit erkannt haben. Der Vorwurf der etwa
100 cm hohen und 80 cm breiten Leinwand be-
handelt die Darbringung des Chriftkindes
im Tempel. Mit ganz befonders eindrucks-
voller Gebärde hält der in einen goldbraunen
Mantel gehüllte Simeon auf den beiden gerade
ausgeftreckten Armen das eingewickelte Kind,
ohne es mit feinen Fingern zu berühren. Hinter
ihm fteht Maria in einem fchWarzen, über den
Kopf gezogenen Manteltuch. Den Hintergrund
bildet geheimnisvolles Dunkel. Der Greifenkopf
Simeons fteht feinem Tgpus nach zwifdien dem
Homer von Dr. Bredius und dem Matthäus des
Louvre. Jan Veth weiht dem außerordentlichen
Bilde im Nieuwe Rotterdamfche Courant be-
geifterte Worte: „Es ift kein Gemälde, das durch
äußerliche Schönheit bezaubert oder durch laute
Pracht gefangen nimmt. Frei von Prunk und
ohne Formfchönheit ift es voll innerlicher Be-
redtfamkeit. . . . Wir haben in Holland groß-
artigere, vollkommenere und viel glänzendere
Rembrandts. Einen Rembrandt von zugleich
fo wunderbarer Einfachheit und packender Ein-
dringlichkeit befi§en wir aber kaum." Darum
hofft man, daß ein hochherziger Sammler oder
einige Rembrandtliebhaber vereinigt das Bild
dem Lande zu erhalten trachten werden. — Das
Wiederauftauchen eines Werkes aus Rembrandts
reiffter Zeit ift ein Kulturgewinn für dieMenfch-
heit. Die Freude darüber wird leider etwas be-
einträchtigt durch den nicht fehr guten Er-
haltungszuftand des Bildes. Durch eine von
unkundiger Hand feinerzeit vorgenommene
Doublierung der Leinwand hat die Farbfchicht
gelitten. Audi fehlt es nicht an ftörenden Über-
malungen. Die edleren Teile find aber glück-
licherweife in der Hauptfache intakt geblieben.
0. H.
AMSTERDAM ln dem Haufe SintAnthonie
Breeftraat Nr. 67 find in zwei Räumen ausge-
zeichnete Deckenmalereien aus dem 17. Jahr-
hundert biosgelegt worden. Ihr Vorhandenfein
war früher fchon bemerkt worden; man hielt

fie aber nicht für belangreich genug, um fie von
der dicken Lage Theer, mit der fie einft über-
fchmiert worden waren, zu befreien. Als nun
aber jüngft in dem Haufe eine elektrifche Leitung
eingerichtet wurde und man in der Lage war,
die beiden Decken gut zu belichten, kamen
Sachverftändige zu der Überzeugung, daß eine
vorfiditige Freilegung die Mühen und Koften
wohl lohnen könnten. Durch die inzwifchen er-
folgte Reinigung wurde diefes Urteil vollauf
beftätigt. Die Malereien find von künftlerifchem
Wert und vortrefflich erhalten. Nur die Ecken
find gelegentlich abgefchnitten worden, als die
urfprünglich rechteckigen Stücke in Medaillons
verwandelt wurden; vielleicht ift dabei die
Künftlerfignatur vernichtet worden. Wie diefe
gelautet haben könnte, darüber gehen die
Meinungen noch auseinander. Schmidt-Degener
hält für möglich, daß Ferdinand Bol der Ur-
heber war. Das Haus, in dem fich heute ein
Buttergefchäft befindet, gehörte im 17. Jahr-
hundert, zur Zeit, als die Malereien entftanden
fein müffen, einem reichen jüdifchen Kaufmann
namens de Pinto; direkt gegenüber hatte Rem-
brandt zeitweilig fein Atelier. Diefes Umftandes
wegen ift auch deffen Name genannt worden.
O. H.
BONN Wie der Bericht über die Tätigkeit des
PROVINZIALMUSEUMS in der Zeit vom 1. April
1915 bis 31. März 1916 ausführt, wurden bei
Sarmsheim an der Nahe (unweit Kreuznach)
Ausgrabungen unternommen, die bemerkens-
werte Funde, namentlich Scherbenrefte der band-
keramifchen Epoche der jüngeren Steinzeit zu-
tage förderten. Es konnten auch die Grundriffe
mit Pfoftenlödiern der Wohnhütten diefer Stein-
zeitmenfchen feftgeftelit und in Verbindung mit
den Ausgrabungsergebniffen der lebten Jahre
bei Plaidt und Polch das Bild ihrer Lebensweife
geklärt werden. Fortgefe§t wurden die Gra-
bungen am römifchen Tempelbezirk auf dem
Addig bei Pefch in der Nähe von Münftereifel.
Die hochintereffante Kulturftätte ift hierbei immer
großartiger, aber auch verwickelter zutage ge-
treten. Eine ganze Reihe von Bauzeiten mit
ihren befonderen Eigenarten ließ fich feftftellen.
Auch im Kaftell Remagen wurden bedeutfame
Funde gemacht.
Das Provinzialmufeum erwarb Funde aus der
Steinzeit, römifche Steindenkmäler, den Inhalt
eines Römergrabes, römifche Keramik- und
Metallarbeiten. Neben weiteren fränkifchen und
mittelalterlichen Kunftwerken wurde eine fehr
wertvolle Münzfammlung, die rund 7000 Stück
enthält, aus Privatbefit; erworben. W. B.

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