Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0061
DOI Heft:
Heft 3/4
DOI Artikel:Halm, Philipp Maria: Neuerwerbungen des bayerischen Nationalmuseums
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NEUERWERBUNGEN DES BAYERISCHEN NATIONALMUSEUMS
Die ruhige Haltung der Mutter und die
lebensvolle Auffaffung des Kindes verleihen
dem Werk troß einer gewiffen, durch das
körnige Material bedingten herben Mache,
große Reize.
Zwei weitere Steinreliefs, ein hl. Petrus
aus Eichftätt aus der zweiten Hälfte des
14. Jahrhunderts und ein hl. Sebaftian aus
München um 1480, haben vorwiegend
lokalgefchichtliche Bedeutung.
Dem Anfänge des 16. Jahrhunderts ent-
ftammen zwei fehr flach gehaltene, in Holz
gefchnittene Relieffiguren eines hi. Crispi-
nianus und des hl. Crispinus aus der
Abensberger Gegend. Sie dürften in
Regensburg entftanden fein und bieten
bei der Seltenheit verbürgter Regens-
burger Schnißwerke ihrer Zeit befonderes
Intereffe.
Der Stil um 1600 wird durch vier in
Buchsbaumholz gefchnittene und durch ihre
Faffung in Lackfarben befonders ausge-
zeichnete Apofteiftatuetten fehr gut ver-
treten (Abb. 3). Die Figurinen ftammen
aus Weißenhorn in Schwaben, dürften
jedoch ihren Urfprung im Bodenfeegebiet
haben und fchließen fich eng an den Stil
des Hans Moringk an.
Eine Hoizftatuette des hl. Conrad mit
vorzüglicher alter Vergoldung und Be-
malung gibt ein gutes Beifpiel des fpäteren
füddeutfchen Rokokos mit dem allgemeinen
Streben nach großer Lebendigkeit in der
Bewegung.
Als das wertvollfte unter ähnlichen Spät- Abb. 2. Hotzfigur einer Heiiigen. Um 1430.
werken ift ein holzgefchnißter Engelreigen
zu verzeichnen, der unverkennbar den Hauptmeifter des Münchner Rokokos, den viel-
genannten und vielgewanderten Ignatius Günther (1725— 75) zum Schöpfer hat (Abb. 4).
Der Reigen diente in feinen Einzelheiten wohl als Umrahmung eines Attares oder
größeren Tabernakels.
Ungefähr die gleiche Zeit wie der Engelreigen fpricht auch aus einem Hausaltar,
der aus Bruck bei München ftammt und in engftem Zufammenhang mit dem Hoch-
altar der nahen Hofkirche von Fürftenfeld fteht (Abb. 5). Das Mittelbild des Hoch-
altares ift figniert „Schöpf" und darf bei der engen kompofitionellen Verwandtfchaft
als die Skizze für das Altarblatt des Fürftenfelder Hochaltares angefprochen werden.
Ebenfo geht die Bekrönung des Rahmens mit der plaftifchen Dreifaltigkeitsgruppe
auf den Fürftenfelder Hochaltar zurück. Der kleine Altar dürfte fo zu erklären fein,
Die ruhige Haltung der Mutter und die
lebensvolle Auffaffung des Kindes verleihen
dem Werk troß einer gewiffen, durch das
körnige Material bedingten herben Mache,
große Reize.
Zwei weitere Steinreliefs, ein hl. Petrus
aus Eichftätt aus der zweiten Hälfte des
14. Jahrhunderts und ein hl. Sebaftian aus
München um 1480, haben vorwiegend
lokalgefchichtliche Bedeutung.
Dem Anfänge des 16. Jahrhunderts ent-
ftammen zwei fehr flach gehaltene, in Holz
gefchnittene Relieffiguren eines hi. Crispi-
nianus und des hl. Crispinus aus der
Abensberger Gegend. Sie dürften in
Regensburg entftanden fein und bieten
bei der Seltenheit verbürgter Regens-
burger Schnißwerke ihrer Zeit befonderes
Intereffe.
Der Stil um 1600 wird durch vier in
Buchsbaumholz gefchnittene und durch ihre
Faffung in Lackfarben befonders ausge-
zeichnete Apofteiftatuetten fehr gut ver-
treten (Abb. 3). Die Figurinen ftammen
aus Weißenhorn in Schwaben, dürften
jedoch ihren Urfprung im Bodenfeegebiet
haben und fchließen fich eng an den Stil
des Hans Moringk an.
Eine Hoizftatuette des hl. Conrad mit
vorzüglicher alter Vergoldung und Be-
malung gibt ein gutes Beifpiel des fpäteren
füddeutfchen Rokokos mit dem allgemeinen
Streben nach großer Lebendigkeit in der
Bewegung.
Als das wertvollfte unter ähnlichen Spät- Abb. 2. Hotzfigur einer Heiiigen. Um 1430.
werken ift ein holzgefchnißter Engelreigen
zu verzeichnen, der unverkennbar den Hauptmeifter des Münchner Rokokos, den viel-
genannten und vielgewanderten Ignatius Günther (1725— 75) zum Schöpfer hat (Abb. 4).
Der Reigen diente in feinen Einzelheiten wohl als Umrahmung eines Attares oder
größeren Tabernakels.
Ungefähr die gleiche Zeit wie der Engelreigen fpricht auch aus einem Hausaltar,
der aus Bruck bei München ftammt und in engftem Zufammenhang mit dem Hoch-
altar der nahen Hofkirche von Fürftenfeld fteht (Abb. 5). Das Mittelbild des Hoch-
altares ift figniert „Schöpf" und darf bei der engen kompofitionellen Verwandtfchaft
als die Skizze für das Altarblatt des Fürftenfelder Hochaltares angefprochen werden.
Ebenfo geht die Bekrönung des Rahmens mit der plaftifchen Dreifaltigkeitsgruppe
auf den Fürftenfelder Hochaltar zurück. Der kleine Altar dürfte fo zu erklären fein,