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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

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Heft 3/4
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Der Kunstmarkt - Versteigerungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0095

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VOM AMERIKANISCHEN KUNSTHANDEL

Earl of Sydney, ein, wie es fcheint, bisher un-
bekannt gebliebenes Werk (KäuferG. A. Keßier;
Preis ^33000); „Lady Bunbury" von Reynoids
(KäuferMrs. W. W. Kimbaii, Chicago, deren Ge-
mäldefammiung ais eine der bedeutendften im
„Mitteiweften " der Vereinigten Staaten giit); fran-
zöfifche Tapefterien aus der Zeit Ludwigs XIII.
im Werte von ^ 300000 (Käufer E. R. Bacon).
„LadyRamfay" vonRomney und „Porträt eines
jungen Mannes" von Memiing, 9xl3inches
groß, ausderJohnEd. Tayior-Koilektion in Lon-
don (Käufer John N. Wiiiys, Toiedo, durch die
Reinhardt GaHeries, NewYork). Mr. Wiiiys be-
gann vor zwei Jahren eine Samminng aiter
Meifter anzuiegen und foii gieich zu Anfang eine
Miiiion Doiiar für Ankäufe ausgegeben haben.
Unter feinen Schäden befinden fich: „Porträt des
JofephCoeymans" von Franz Hais, ferner Werke
von van Dyck, Rembrandt undGainsborough.—
Schiießiich fei noch erwähnt, daß Rockefeiier eine
Aphroditeftatue aus Marmor gekauft hat, die
von einigen für ein Werk des Praxiteies ange-
fehen wird, von dem Sachverftändigen der Re-
gierung aber vorfichtigerweife nur ais „über
hundert Jahre ait" bezeichnet wurde. Rockefeiier
zahite für die Statue ^ 60000. Ob er fo naiv
ift zu giauben, daß er für diefen Preis einen
„echten" Praxiteles erftehen kann, davon fchweigt
des Sängers Höfiichkeit. Die Götterftatue war
fchon einmaivor zehn Jahren in NewYork ge-
wefen. Damais gab es iange Diskuffionen für
und wider ihre Echtheit. Dann fuhr, ais keine
praktifche Gegeniiebe fich zeigte, die Liebes-
göttin wieder nach Europa zurück. Auch dort
fcheint es nichts mit ihr geworden zu fein, man
kannte fiewohi fchon zur Genüge, und nun darf
fie auf dem Piedeftai im Aiitteipunkt des Liebes-
tempeis in Rockefeiiers berühmten Garten auf
den Pocantico-Hügein thronen. So findet fchiieß-
iich jeder Topf feinen Deckei.
Was die BEVORSTEHENDEN VERSTEIGE-
RUNGEN aniangt, fo wird es, je weiter die Saifon
vorfchreitet, um fo deutiicher, daß fie in bezug auf
die Anzahi der Auktionen zu den bedeutendften
gehören wird, die bisher hier abgehaiten worden
find, und das, troßdem man bisher nicht gerade
von fehr hohen Preifen zu fprechen vermag.
Eine ganze Reihe in-und ausiändifcherHändier
aber haben Auktionen angefagt, was das größere
Zurückhatten von Privatfammiern, das ja über-
aii zu beobachten ift, aufwiegt. Die Art des
Auktionsbetriebes, die hierzuiande herrfcht,
fcheint es unmögiich zu machen, feibft Verkäufe
von befonderer Bedeutung längere Zeit voraus
anzufeßen und anzukündigen, fo daß es fchwer
hatten wird, namentiich unter den gegenwärtigen
Schwierigen Verhäitniffen, dieLefer des „Cicerone"

rechtzeitig von bevorftehenden Verkäufen zu
unterrichten. Daß aber der amerikanifche Ge-
fchäftsbetrieb, auch auf dem Gebiete des Kunft-
handeis, keineswegs immer die ihm bei uns an-
gedichtete „Schneidigkeit" und Promptheit be-
fißt, beweife der Umftand, das jeßt erft, nach
Wochen, bei der großen Auktionsfirma, den
American Art GaHeries das Erfuchen um
Nachrichten ufw. für unfer Biatt den offenbar
fehr iangen Inftanzenweg zurückgeiegt hat, um
endiich eine fcheinbare Eriedigung zu finden.
Kein Wunder, daß da ein bloßer Europäer auf
die Idee verfiei, es handie fich mehr um fchlechten
Wiiien ais bioß um eine eigenartige Gefchäfts-
fitte, und daß demzufoige fehr begreifiicherweife
eine Beurteiiung diefes Vorganges in meinem
leßten Bericht erfchien, die ich nun nicht mehr
aufrechterhaiten mag und hiermit zurückziehen
möchte. Es fcheint doch, das die auch hierzu-
iande jeßt fo viel angeführte, gehaßte, gefürchtete
und heimiich doch auch wieder bewunderte und
vielieicht fogar erfehnte„efficiency" (Tüchtigkeit)
der Deutfchen feibft auf diefem Gebiete den
Amerikanern noch fo manche Lehre geben könnte,
die nicht zu verachten ift, die der Höfiichkeit
eingefchioffen. Um aber nicht mißverftanden zu
werden, möchte ich betonen, daß die Leitung
der Anderfon GaHeries, der anderen großen
Auktionsfirma New Yorks, mir nicht bioß fofort
und in entgegenkommender Weife aiie Er-
leichterungen für die Berichterftattung über ihre
Tätigkeit zur Verfügung gefteilt hat, fondern
daß mir ihr Vizepräfident Mr. Samfon in einem
Interview des näheren auseinanderfeßte, weiche
Kunftgegenftände jeßt hier auf einen wenigftens
verhäitnismäßig guten Markt rechnen können und
warum. Seiner Meinung nach haben hier nur
Werke von wirklich hervorragender Quaiität Aus-
ficht auf gute Preife. Mitteimäßige Stücke dürf-
ten wo anders, feibft unter den heutigen un-
günftigenVerhäitniffen, einen befferen undiohnen-
deren Abfaß finden. Das iiegt daran, daß hiefige
Käufernichtbioßgeiernthaben, durchoftrechtbitt-
re Erfahrungen, auf Herkommen und Stammbaum
der Kunftwerke zu fehen, fondern auch auf deren
Qualitäten zu achten, fei es auf Grundiage eigener
Kenntniffe, fei es durch die Vermittiung einer der
bedeutenden Firmen, die es fich zum Grundfaß
gemacht haben, ihren Kunden nur die beften und
verbürgteren Werke zuzuführen refp. zu emp-
fehlen. Außerhaib diefes zwar ftetig wachfenden
aber immerhin doch noch fehr befchränkten Kreifes
aber darf auf hohe Preife überhaupt nicht ge-
rechnet werden. Denn andere Käufer erwerben
zwar gern etwas in Europa auf ihren Reifen
und fchauen da nicht fo genau auf das Geid,
das fic in genügender Menge zum Ausgeben

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