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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

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Heft 5/6
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Scherer, Christian: Neuerwerbungen des Herzoglichen Museums zu Braunschweig
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0106

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NEU ERWERB UNGEN DES H ERZOG-
LICHEN MUSEUMS ZU BRAUNSCHWEIG

Mit 28 Abbildungen

Von CHRISTIAN SCHERER

T Tnter den Erwerbungen, die das Herzog!. Mufeum in den lebten Jahren für [eine kunft-
LJ gewerblichen und kleinplaftifchen Sammlungen machen Konnte, [tehen nach Zahl
und Bedeutung die Fürftenberger Porzellane an erfter Stelle. Denn fo vortreffiich auch
gerade dieje als Erzeugniffe einer der für die braunjchweigifche Kultur- und Kunft-
gejchichte bemerkenswerteren indujtriellen Unternehmungen im Herzogi. Mufeum ver-
treten [ind, [o hat die Sammlung doch naturgemäß noch manche Lücken aufzuweifen,
die nach und nach auszufüllen fich das Mufeum fchon feit Jahren zum Ziel gefegt hat.
Dabei wurde felbftverftändlich der Hauptwert auf künftlerifch hervorragende Stücke
gelegt; daneben durften aber, wollte man ein annähernd vollftändiges Bild der Ge-
famtleiftungen der Fabrik erhalten, auch folche nicht ganz übergangen werden, die,
ohne gerade zu dem künftlerifch Bedeutendften zu gehören, doch in irgendeiner Hin-
ficht Intereffe und Beachtung verdienten.
Zu den Arbeiten diefer Art gehört eine Kaffeekanne aus der Frühzeit Fürftenbergs
mit buntfarbiger Blumenmalerei (Abb. 1). Die letztere, in wenigen, dünn aufgetrage-
nen Farben mit Verwendung zahlreicher Lichter in feiner, z. T. fchraffierender Manier
etwas unficher und fteif ausgeführt, würde allein das Stück kaum begehrenswert er-
fcheinen laffen, wenn es nicht, was höchft feiten vorzukommen pflegt, mit einer Maler-
fignatur verfehen wäre. Unter dem Boden befindet fich nämlich in feiner, violetter
Schrift aufgemalt der Name „Zisler": Es ift der Name jenes Blumenmalers Philipp
Zies(e)ler, der aus Höchft nach Fürftenberg gekommen war und bereits 1757 in den
Lohnliften der Fabrik öfters erwähnt
wird. Wenn Ziefeler auch kein Künft-
ler erften Ranges genannt werden
kann, ift er doch von Wichtigkeit,
weil wir nunmehr mit Hilfe diefer
einen fichern Probe feines Könnens
imftande find, eine weitere, ver-
hältnismäßig große Gruppe von Ge-
fchirren mit Fürftenberger Blumen-
malereien aus der Zeit um 1760 als
Arbeiten feiner Hand nachzuweifen.
Zu ihnen gehört u. a. auch eine
fchöne Helmkanne (fogen. Lavoir-
kanne in Helmform), die am Rande
mit fdiarf auf geformten Rocaillen,
am Körper aber mit farbigen Blu-
men genau in derfelben, oben näher
gekennzeichneten Art gefchmückt ift
(Abb. 2).
Einen völlig anderen Charakter
zeigt dagegen die Blumenmalerei in
der Kartufche einer aus dem hiefigen
Kunfthandel ftammenden Rokoko-
Abb. 1. Fürftenberger Kanne, bemalt von Ziesler konfole, die mit aufgeformten Orna-

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