Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0191
DOI Heft:
Heft 9/10
DOI Artikel:Bombe, Walter: Die Sammlung Adolph v. Beckerath
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DIE SAMMLUNG ADOLPH v. BECKERATH
Von einem der zahlreichen, an
der Ausfchmückung der Certofa
zu Pavia beteiiigten Künftler rührt
ein Cartapefta-Bildnis des Filippo
Maria Visconti her, das nach
Angabe Beckeraths von dem
Marmororigina) der Porta dei
Duchi abgeformt wurde. Zweifel
erweckt jedoch Beckeraths Zu-
fchreibung einer marmornen Bild-
nisbüfte von nadelfcharfer Aus-
prägung der Formen an Omodeo,
den Hauptmeifter der Certofa.
Ein Prachtftück veneziani-
fcher Meißelarbeit ift der Antonio
Rizzo zugefchriebene große Kamin
aus iftrifchem Marmor (Abb. 8),
der einft einen Saal im Palazzo
Memi bei S. Marcuola fchmückte.
Er trägt das Wappen der Memi
und eine Fülle kameenartig fein
ausgeführten figürlichen Schmuk-
kes, Waffen, Marken, orientalifche
Pflanzenmotive und die auf Kan-
delabern ftehenden Figuren des
„Divus Apollo" und der „Virgo
Diana", ln die Mitte des Archi-
travs ift ein Relief von Bartolomeo
Beilano eingelaffen, die Opferung
Ifaaks durch Abraham. Helme,
Rüftungen und Embleme ver-
vollftändigen den nur fkizzierten,
nicht ganz ausgeführten Schmuck
des Architravs. Schon Paoletti
Abb. 8. ANTONIO RIZZO, Kamin aus iftrifchem Marmor.
Sammlung Beckerath.
hat diefes hervorragende Werk in feiner „Architettura e Scultura del Rinascimento
a Venezia" gewürdigt. Auf dem Kamin fteht die überlebensgroße TonbOfte eines
bärtigen Kapuziners, eine fehr großzügige und ausdrucksvolle Arbeit. — Aus der
Kirche der Badia in Venedig ftammt nach Beckeraths Angabe eine marmorne Lünette
mit dem fegnenden Gottvater, die, in Terrakotta nachgebildet, im Victoria- und Albert-
Mufeum wiederkehrt und in Robinfons Katalog Nr. 7617 mit Unrecht als floren-
tinifch bezeichnet wird. Daran fchließen fich einige Arbeiten des Tullio Lombardi und
feines Kreifes, ein marmorner Profilkopf der Minerva mit fchöner Patina und ein Frauen-
bildnis im Profil, gleichfalls Marmor, in altem Holzrahmen. Auch Jacopo Sanfovino
und feine Venezianer Werkftätte find ausgezeichnet vertreten mit der monumentalen
Tonbüfte eines bärtigen Mannes (Abb. 9), einem rätfelhaften Hochrelief aus Terrakotta,
das einen Rachefchwur darftellt (Abb. 10), einer von der Bronzetür im Chor der
Markuskirche in Stuck abgeformten Grablegung Chrifti und zwei lebensvollen,
175
Von einem der zahlreichen, an
der Ausfchmückung der Certofa
zu Pavia beteiiigten Künftler rührt
ein Cartapefta-Bildnis des Filippo
Maria Visconti her, das nach
Angabe Beckeraths von dem
Marmororigina) der Porta dei
Duchi abgeformt wurde. Zweifel
erweckt jedoch Beckeraths Zu-
fchreibung einer marmornen Bild-
nisbüfte von nadelfcharfer Aus-
prägung der Formen an Omodeo,
den Hauptmeifter der Certofa.
Ein Prachtftück veneziani-
fcher Meißelarbeit ift der Antonio
Rizzo zugefchriebene große Kamin
aus iftrifchem Marmor (Abb. 8),
der einft einen Saal im Palazzo
Memi bei S. Marcuola fchmückte.
Er trägt das Wappen der Memi
und eine Fülle kameenartig fein
ausgeführten figürlichen Schmuk-
kes, Waffen, Marken, orientalifche
Pflanzenmotive und die auf Kan-
delabern ftehenden Figuren des
„Divus Apollo" und der „Virgo
Diana", ln die Mitte des Archi-
travs ift ein Relief von Bartolomeo
Beilano eingelaffen, die Opferung
Ifaaks durch Abraham. Helme,
Rüftungen und Embleme ver-
vollftändigen den nur fkizzierten,
nicht ganz ausgeführten Schmuck
des Architravs. Schon Paoletti
Abb. 8. ANTONIO RIZZO, Kamin aus iftrifchem Marmor.
Sammlung Beckerath.
hat diefes hervorragende Werk in feiner „Architettura e Scultura del Rinascimento
a Venezia" gewürdigt. Auf dem Kamin fteht die überlebensgroße TonbOfte eines
bärtigen Kapuziners, eine fehr großzügige und ausdrucksvolle Arbeit. — Aus der
Kirche der Badia in Venedig ftammt nach Beckeraths Angabe eine marmorne Lünette
mit dem fegnenden Gottvater, die, in Terrakotta nachgebildet, im Victoria- und Albert-
Mufeum wiederkehrt und in Robinfons Katalog Nr. 7617 mit Unrecht als floren-
tinifch bezeichnet wird. Daran fchließen fich einige Arbeiten des Tullio Lombardi und
feines Kreifes, ein marmorner Profilkopf der Minerva mit fchöner Patina und ein Frauen-
bildnis im Profil, gleichfalls Marmor, in altem Holzrahmen. Auch Jacopo Sanfovino
und feine Venezianer Werkftätte find ausgezeichnet vertreten mit der monumentalen
Tonbüfte eines bärtigen Mannes (Abb. 9), einem rätfelhaften Hochrelief aus Terrakotta,
das einen Rachefchwur darftellt (Abb. 10), einer von der Bronzetür im Chor der
Markuskirche in Stuck abgeformten Grablegung Chrifti und zwei lebensvollen,
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