Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

DOI issue:
Heft 9/10
DOI article:
Bombe, Walter: Die Sammlung Adolph v. Beckerath
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0192

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
DIE SAMMLUNG ADOLPH v. BECKERATH

großen Madonnenreliefs in Terrakotta
und Cartapefta, von prächtigen aiten
Rahmen umfchloffen.
Eine hohe ikonographifche Bedeu-
tung wohnt einem Ammanati zuge-
fchriebenen ovaten Marmorrelief inne,
das uns die Züge Michelangelos im
Alter von etwa 55—40 Jahren vorführt,
während ein vergoldeter alter Stuck
nach feiner Madonna an der Treppe
und das Holzmodell eines ausgeftreckt
liegenden Jünglings uns einen Blick in
das Getriebe feiner Werkftätte tun
laffen. Von feinem Schüler Vincenzo
Danti finden wir eine figurenreiche,
lebendig bewegte Kreuzabnahme, die
ähnlich, aber energifcher durchgebildet,
in der Sammlung Hainauer als Bronze-
reliefvorhanden ift. Den frifchen Lebens-
hauch des Florentiner Cinquecento fpü-
ren wir unmittelbar in einer hier nicht
abgebildeten Tonbüfte eines jüngeren
Mannes mit Spißbart, die wahrfchein-
lich als Modell für einen Bronzeguß ge-
dient hat. Wenn wir dann noch von
Arbeiten des römifchen Seicento eine in
der Meißeltechnik reizvolle Knabenbüfte
aus Marmor von einem Schüler Lorenzo Berninis und ein ovales Marmorrelief mit dem
Bildnis Papft Innocenz XL von Monnot hervorheben, fo glauben wir alles erwähnt zu
haben, was an Werken diefer Zeit Anfpruch auf Mufeumsgeltung erheben darf.
Was Beckerath an Werken der Kleinplaftik in Bronze und anderen Metallen zu-
fammengetragen hat, kann hier wegen der Fülle des Materials — der Katalog zählt
84 Nummern auf — nur durch Hinweis auf einige herausgegriffene Stücke ge-
würdigt werden. Das feine Formgefühl und der Phantafiereichtum der Renaiffance
erreichen in diefen oft ganz anfpruchslofen Arbeiten ihre fchönfte Wirkung. Auch
hier gehen die entfeheidenden Anregungen von Donalello aus, deffen Paduaner
Nachfolgern einige Stücke der Sammlung mit Recht zugefchrieben werden, darunter
eine ftehende Madonna mit dem Kinde, von der das Berliner Mufeum eine Wieder-
holung befißt (Nr. 676; Katalog Beckerath Nr. 383), und zwei Tierfiguren, ein auf-
fpringender Stier mit fchöner Naturpatina (Nr. 393) und das Figürchen eines Tafchen-
krebfes mit geöffneten Scheren, unzifeliert (Nr. 386). Der Richtung Riccios, des
bedeutendften diefer Paduaner Nachfolger Donatellos, gehören zwei freiplaftifche
Mohrenköpfe an, deren einer als Lampe diente und ein zweites Mal in der Samm-
lung S. Pierpont Morgan vorkommt (Nr. 396, 402), ferner ein knieender Satyr (Nr. 361
und Abb. 11). Von den fonftigen Arbeiten oberitalienifcher Herkunft um 1500 verdient
eine vergoldete Kußtafel mit der Pieta (Nr. 406) hervorgehoben zu werden, demnächft
die allegorifche Figur eines ftehenden Mädchens in vorn offenem Mantel mit einem


Abb. 9. JACOPO SANSOViNO, Terrakottabü(te.
Sammlung Beckerath.

176
 
Annotationen