Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0243
DOI Heft:
Nr. 11/12
DOI Artikel:Freund, Frank E. Washburn: Die Sammlung Stransky, 1: ein Vorposten deutscher Kunst in Amerika
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0243
DIE SAMMLUNG STRANSKY
Bedeutung beimaß —
ganz wie bei Defregger.
Stranskg befißt feine „Zi-
geuner auf der Raft"
(Abb. 18), ein Werk von
Courbetfcher Wucht, da-
bei von einer tonigen
Weichheit, die felbft die-
fem großen Franzofen
unerreichbar blieb. Die
Skala der kühlen, grau-
grünen und braunenTöne
ift von feinfter Abftufung;
das delikateRotdes Kopf-
tuches der Zigeunerin von
unbefchreiblichem Reiz,
das Ganze ein exquifites
Stück Malerei in Auf-
faffung, Anordnung und
Ausführung. Ein zweites
Bild Munkacfys, „Der
Gefangene" (Abb. 19),
jüngft von Stranskg in
Baltimore entdeckt, fteht
an rein malerifcher Kultur
und künftlerifcher Kon-
zentrationdemerftennicht
nach. Lichtführung, Zu-
fammenklang der Töne,
tiefdringende Charakteri-
fierung und die ftille Sach-
lichkeit des Gemäldes ftel-
len diefe Vorarbeit turm-
hoch über die bekannte
Riefenieinwand, die einft
das Entzücken von ganz
Paris war, heute aber
nur noch handwerklich
intereffiert wieder einmal ein Beweis, wie oft Studien die Infpiration des Künftiers weit
intenfiver vermitteln, als das ausgeführte Werk. Ein Biid wie diefes und die „Zigeuner
im Walde" werden mit berufen fein, das Urteil über Munkacfg zu seinen Gunften
abzuändern.
Der dritte Öfterreicher der Stranskyfchen Sammlung ift der feit der Jahrhundert-
Ausfteliung nach Gebühr gefchäßte Pettenkofen. Sein kleines natur- und farben-
freudiges Bild „Gefpann im Kürbisfeld" (Abb. 20) ftroßt von Können und erinnert an
den „Hirtenknaben" des frühen, der Natur mit offenem Auge, kühner Hand und dabei
doch fo forgfältigem Sinne nachgehenden Lenbach.
Abb. 14. HANS THOMA, Orangengarten in Sorrent.
Mit Erlaubnis der Deutfchen Verlagsanftalt Stuttgart.
Der Cicerone, VIII. Jahrg., Heft 11/12. 17
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Bedeutung beimaß —
ganz wie bei Defregger.
Stranskg befißt feine „Zi-
geuner auf der Raft"
(Abb. 18), ein Werk von
Courbetfcher Wucht, da-
bei von einer tonigen
Weichheit, die felbft die-
fem großen Franzofen
unerreichbar blieb. Die
Skala der kühlen, grau-
grünen und braunenTöne
ift von feinfter Abftufung;
das delikateRotdes Kopf-
tuches der Zigeunerin von
unbefchreiblichem Reiz,
das Ganze ein exquifites
Stück Malerei in Auf-
faffung, Anordnung und
Ausführung. Ein zweites
Bild Munkacfys, „Der
Gefangene" (Abb. 19),
jüngft von Stranskg in
Baltimore entdeckt, fteht
an rein malerifcher Kultur
und künftlerifcher Kon-
zentrationdemerftennicht
nach. Lichtführung, Zu-
fammenklang der Töne,
tiefdringende Charakteri-
fierung und die ftille Sach-
lichkeit des Gemäldes ftel-
len diefe Vorarbeit turm-
hoch über die bekannte
Riefenieinwand, die einft
das Entzücken von ganz
Paris war, heute aber
nur noch handwerklich
intereffiert wieder einmal ein Beweis, wie oft Studien die Infpiration des Künftiers weit
intenfiver vermitteln, als das ausgeführte Werk. Ein Biid wie diefes und die „Zigeuner
im Walde" werden mit berufen fein, das Urteil über Munkacfg zu seinen Gunften
abzuändern.
Der dritte Öfterreicher der Stranskyfchen Sammlung ift der feit der Jahrhundert-
Ausfteliung nach Gebühr gefchäßte Pettenkofen. Sein kleines natur- und farben-
freudiges Bild „Gefpann im Kürbisfeld" (Abb. 20) ftroßt von Können und erinnert an
den „Hirtenknaben" des frühen, der Natur mit offenem Auge, kühner Hand und dabei
doch fo forgfältigem Sinne nachgehenden Lenbach.
Abb. 14. HANS THOMA, Orangengarten in Sorrent.
Mit Erlaubnis der Deutfchen Verlagsanftalt Stuttgart.
Der Cicerone, VIII. Jahrg., Heft 11/12. 17
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