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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

DOI issue:
Het 13/14
DOI article:
Bombe, Walter: Aus Alfred Rethels Nachlass
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0297

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AUS ALFRED RETHELS NACHLASS


geftrichelten Impreffionen. Im Tiefften ergriffen aber wird man von der wuchtigen
Kraft, die feinen letzten Arbeiten entftrömt. Hier ift nichts mehr zu fpüren von der
ruhigen Linienfchönheit des jungen Rethei. Urkräfte ringen miteinander, und man fühlt
den Pulsfchiag feines Biutes in jeder Form, in jeder Linie. Gerade die Werke der
fünfziger Jahre, zu einer Zeit gefchaffen, als er bereits fchwer gemütsleidend war,
haben diefe rätfelhafte Ausdrucksgewalt. Es liegt hier jenes merkwürdige Phänomen
vor, das fich in unferen Tagen bei Van Gogh wiederholte, bei dem auch das künft-
lerifche Können länger als alle anderen pfychifchen Kräfte der Krankheit Widerftand
leiftete. Zu diefen Arbeiten, die bisher von der Kritik meift als „krankhaft" abgelehnt
wurden, gehört das „Lutherlied" (Abb. 3), die let)te Faffung des „Hannibal", die
„Eroica-Symphonie", der „Ariftophanes", gehören einige Bibelilluftrationen, wie die
Szenen „Jakob empfängt die Todesnachricht Jofefs", „Chriftus und die Ehebrecherin",
alles Blätter jenes knorrigen, kraftvollen Spätftils. Namentlich in dem Lutherliede
„Ein fefte Burg" tritt die ganze Größe der fymbolhaften Formenfprache Rethels
neben der Tiefe feiner religiöfen und weltgefchiditlichen Auffaffungsweife her-
vor (Abb. 3). Engel mit flammenden Schwertern in der Rechten, dem Schild in
der Linken und mit dem Kreuzesschmuck auf dem Haupte, ftürmen aus der Himmels-

Abb. 3. ALFRED RETHEL, Das Lutherlied, 1. Blatt. Erftmaiig veröffentlicht.
Düffeldorf, Frau Elfe Sohn-Rethei.

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