Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0412
DOI Heft:
Heft 19/20
DOI Artikel:Lübbecke, Friedrich: Die Sammlung Ullmann zu Frankfurt a. M., [1], Die mittelalterliche Plastik: Friedrich Lübbecke
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0412
DIE SAMMLUNG ULLMANN ZU FRANKFURT AM MAIN
Abb. 19. Meifter der Bodenfeegegend, St. Katharina und
St. Barbara. Um 1420.
Lindenholz Höhe76cm
rhein fpricht vor allem anderen die Verwandtfchaft des Stückes mit einem aus der Gegend
von Kotmar [dämmenden Johannes der Sammlung örtel (Nr. 176} und mit der örtlich gut
begiaubigten Figur einer heiligen Barbara im Kaifer Friedrich-Mufeum zu Berlin, die nach
Schongauers Stich B 63 gearbeitet i[t und von Vöge dem Kolmarer Meijter des Hoch-
altars in Lautenbach in Baden zugewiefen wurde.
Vom Oberrhein bis zur Donau bei Ulm ift es in der Luftlinie nur eine kleine
Strecke. Doch kann man (ich für die Piaftik des lebten Vierteis des 15. Jahrhunderts
kaum ftärkere Gegenfä^e als zwifchcn der Kunft beider Landftriche denken. Am Oberrhein
herrfcht die Linie, knittrig, energifch, votier Überrafchungen — man denke an die feit-
fame eifäffifche Madonna der Sammiung Örtei, je^t im Kaifer Friedrich-Mufeum* — an
der oberen Donau die Fläche, deren Faitengiiederung faft nie über ein breites Phiegma
zu einer dramatifchen Steigerung im Sinne Schongauers oder Stoßens fich erhebt. Die
Sammiung Uiimann ftü§t diefe Erkenntnis aufs befte. Sie ift befonders reich an Schwäbi-
fchen Arbeiten erften Ranges, von denen hier nur einige behandeit werden können. Den
Beginn mache eine wundervoiie Maria der Verkündigung (Abb. 10), deren Zuftand
ieider durch Wurmfraß ftark gelitten hat. Glückiicherweife blieb das Geficht faft ganz ver-
' Abb. Auktions-Kataiog Ortet. Taf. 103—105.
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Abb. 19. Meifter der Bodenfeegegend, St. Katharina und
St. Barbara. Um 1420.
Lindenholz Höhe76cm
rhein fpricht vor allem anderen die Verwandtfchaft des Stückes mit einem aus der Gegend
von Kotmar [dämmenden Johannes der Sammlung örtel (Nr. 176} und mit der örtlich gut
begiaubigten Figur einer heiligen Barbara im Kaifer Friedrich-Mufeum zu Berlin, die nach
Schongauers Stich B 63 gearbeitet i[t und von Vöge dem Kolmarer Meijter des Hoch-
altars in Lautenbach in Baden zugewiefen wurde.
Vom Oberrhein bis zur Donau bei Ulm ift es in der Luftlinie nur eine kleine
Strecke. Doch kann man (ich für die Piaftik des lebten Vierteis des 15. Jahrhunderts
kaum ftärkere Gegenfä^e als zwifchcn der Kunft beider Landftriche denken. Am Oberrhein
herrfcht die Linie, knittrig, energifch, votier Überrafchungen — man denke an die feit-
fame eifäffifche Madonna der Sammiung Örtei, je^t im Kaifer Friedrich-Mufeum* — an
der oberen Donau die Fläche, deren Faitengiiederung faft nie über ein breites Phiegma
zu einer dramatifchen Steigerung im Sinne Schongauers oder Stoßens fich erhebt. Die
Sammiung Uiimann ftü§t diefe Erkenntnis aufs befte. Sie ift befonders reich an Schwäbi-
fchen Arbeiten erften Ranges, von denen hier nur einige behandeit werden können. Den
Beginn mache eine wundervoiie Maria der Verkündigung (Abb. 10), deren Zuftand
ieider durch Wurmfraß ftark gelitten hat. Glückiicherweife blieb das Geficht faft ganz ver-
' Abb. Auktions-Kataiog Ortet. Taf. 103—105.
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