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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

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Heft 19/20
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Hirschmann, Otto: Die Handzeichnungen-Sammlung Dr. Hofstede de Groot im Haag, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0424

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DIE HANDZEICHNUNGEN-SAMMLUNG DR. HOFSTEDE DE GROOT IM HAAG. I.

Künftler auch in [einen Gemälden mit
Vorliebe gepflegten Eis[zenen, fo-
wie einige Blättchen mit Bauern,
Fächern und zwei modi[ch gekleide-
ten Herren, an deren naiver Bunt-
heit wir uns wahrhaft zu erbauen
vermögen. Avercamp hat über die
Jahrhundertmitte hinausgeiebt; wahr-
fcheinlich aus diefer fpäteren Zeit
ift eine vom Befißer ficher mit Recht
ebenfalls Avercamp zugefchriebene,
fiüffig lavierte Federzeichnung von
viel lockererem Strich, als er uns
[onft von diefem geläufig ift, dar-
fteliend eine Suppenverteiiung an
Bauernkinder. Von A. van de Venne
findet man in der Sammlung eine
Serie hübfeher, kleiner Federzeich-
nungen aus der erften Häifte der 20er
' Jahre. Eine Winterlandfchaft von
Pieter Molijn, deffen entwicklungs-
Abb. 4. JACQUES DE GHEYN, Bildnis von Jacus ge]chichtlidi bedeutfame Periode wie
Somers. Federzeichnung, bei den vorgenannten Künftlern m
die 20er Jahre fällt, ftammt wohl aus
der fpäteren Zeit feines noch langen Lebens. Gleichzeitig mit Alolijn feßt auch Jan van
Gogen ein, der eng an Ef. van de Velde, feinen wichtigften Lehrer, anfchließt und ge-
wiffermaßen deffen Werk fortfeßt. Das wird auch an der hervorragend fchönen Reihe
von elf Zeichnungen der Sammlung wieder deutlich, in der [ich datierte Blätter von 1625
bis 1653 befinden. In der Pinfelzeichnung von 1625, tanzende Bauern vor einer Herberge
darftellend, hat er noch nicht den großen Zug, der den Zeichnungen feines Meifters aus
diefer Zeit fchon eigen ift. In einer wunderbaren Strandanficht von 1631 übertrifft er diefen
aber weit in der fchlichten Ausdrucksfähigkeit feines Striches. Das Blatt ift bereits in der
anfpruchsiofen Manier des für ihn charakteriftifchen leichten, flockigen Kreideftriches ausge-
führt. Sehr viel fcheint van Gogen in den erften 50er Jahren gezeichnet zu haben; fo
ftammen auch von den Blättern Dr. Hofftede de Groots nicht weniger als fechs aus diefer
Zeit, wovon vier allein aus dem, wie es fcheint, befonders fruchtbaren Jahre 1653. Es
ift, abgefehen von den ohne weiteres zu deutenden Stadtanfichten, noch kaum verfucht
worden, die einfachen Motive van Gogens zu identifizieren, wiewohl fie dazu ficher
manchen Anhaltspunkt bieten würden. Die Waffermühle mit einer Bogenbrücke und
einer Kirche im Hintergrund auf einem der 1653 datierten Blätter war, von wenig
verändertem Standpunkt aufgenommen, auch dargefteilt auf einer mit der gleichen
Jahreszahl verfehenen Zeichnung der Verweigerung Vincent van Gogh (Amfterdam,
2. Dez. 1913, Nr. 333, mit Abb.), wo die Kirche vermutungsweife als die von Haarlem
gedeutet wurde. Diefe ift es aber ficher nicht; die ausgefprochene Naturaufnahme
dürfte wahrfcheinlich eher in der Umgegend des Haag zu lokalifieren fein. In feinen
fpäten Jahren hat van Gogen feine Darftellungen, wie in der erften Zeit, gern wieder
mit einer reichen Figurenftaffage ausgeftattet; das nicht fignierte, breit in Rötel gezeich-


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