Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0484
DOI Heft:
Heft 23/24
DOI Artikel:Uhde-Bernays, Hermann; Friedeberger, Hans: Werke deutscher Maler des 19. Jahrhunderts
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0484
\T7"enn irgendwo der Sat; zutrifft, daß man aus der Not eine Tugend gemacht
W habe, fo ift es bei den Ausweitungen deutfcher Bilder des 19. Jahr-
hunderts, die die Kunfthandtung Frit^ Gurlitt feit Kriegsbeginn regelmäßig veran-
ftattet. Anfänglich durch Materialmangel und Rückficht auf Stimmungen angeregt, ift
diefes Zurückgreifen auf heimifche Kunft auch kleinerer Meifter tängft Selbftzweck ge-
worden. und ein berechtigter dazu. Die rückfchauenden AusfteHungen der testen Jahr-
zehnte haben immer einleuchtender bewiefen, daß man eine Zeit nicht kennen lernt,
wenn man nur auf die höchften Punkte fieht, die fie erreicht hat, und wie ungenügend
bekannt felbft das Werk zeitlich und räumtich wenig entfernter Künftier fein kann,
hat erft kürzlich eine Arbeit eines angefehenen Fachmannes in einer namhaften Zeit-
fchrift gezeigt. So find denn der Grundfa^ und die Bemühungen, auch den weniger
hervorragenden Künftlern einen Plat; einzuräumen, doppelt anerkennenswert, wo es
fich um Tatente handelt, welche, durch Generationen fortwirkend, Überlieferungen
gefchaffen haben, die in der Kunft von jeher wirkfamer gewefen find als Theorien und
Äfthetiken. In diefem Sinne sind in der kürzlich eröffneten Gurlittfchen Ausftellung die
Werke von Münchener Landfehaftern aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer be-
fonderen Gruppe zufammengefaßt worden, die hier von befonders kundiger Seite be-
fprochen werden wird. Vorher aber fei es geftattet, aus der Fülle der übrigen, weniger
zufammenhängenden Einzelwerke einiges Intereffante herauszugreifen. Dabei ift keines-
wegs eine erfchöpfende Behandlung aller Fragen beabfichtigt, die an diefe Bilder zu
ftellen find. Es kommt vielmehr darauf an, die Bilder felbft feftzuhalten, einer breiteren
Öffentlichkeit zugänglich zu machen, als das wiffenfchaftliche Kompendien oder private
Sammlungen können, und die Abbildungen mit kurzen, katalogartigen Notizen zu be-
gleiten.
1. Joh. Chr. Claußen Dahl, Küfte des Pofilippo. sign.: Dahl 1822. Das Bild ent-
ftammt der glücklichften Zeit des Künftlers, dem Jahre nach feiner italienifchen Reife.
Abb. 3. C. D. FRIEDRICH, Ruinen im Waide.
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W habe, fo ift es bei den Ausweitungen deutfcher Bilder des 19. Jahr-
hunderts, die die Kunfthandtung Frit^ Gurlitt feit Kriegsbeginn regelmäßig veran-
ftattet. Anfänglich durch Materialmangel und Rückficht auf Stimmungen angeregt, ift
diefes Zurückgreifen auf heimifche Kunft auch kleinerer Meifter tängft Selbftzweck ge-
worden. und ein berechtigter dazu. Die rückfchauenden AusfteHungen der testen Jahr-
zehnte haben immer einleuchtender bewiefen, daß man eine Zeit nicht kennen lernt,
wenn man nur auf die höchften Punkte fieht, die fie erreicht hat, und wie ungenügend
bekannt felbft das Werk zeitlich und räumtich wenig entfernter Künftier fein kann,
hat erft kürzlich eine Arbeit eines angefehenen Fachmannes in einer namhaften Zeit-
fchrift gezeigt. So find denn der Grundfa^ und die Bemühungen, auch den weniger
hervorragenden Künftlern einen Plat; einzuräumen, doppelt anerkennenswert, wo es
fich um Tatente handelt, welche, durch Generationen fortwirkend, Überlieferungen
gefchaffen haben, die in der Kunft von jeher wirkfamer gewefen find als Theorien und
Äfthetiken. In diefem Sinne sind in der kürzlich eröffneten Gurlittfchen Ausftellung die
Werke von Münchener Landfehaftern aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer be-
fonderen Gruppe zufammengefaßt worden, die hier von befonders kundiger Seite be-
fprochen werden wird. Vorher aber fei es geftattet, aus der Fülle der übrigen, weniger
zufammenhängenden Einzelwerke einiges Intereffante herauszugreifen. Dabei ift keines-
wegs eine erfchöpfende Behandlung aller Fragen beabfichtigt, die an diefe Bilder zu
ftellen find. Es kommt vielmehr darauf an, die Bilder felbft feftzuhalten, einer breiteren
Öffentlichkeit zugänglich zu machen, als das wiffenfchaftliche Kompendien oder private
Sammlungen können, und die Abbildungen mit kurzen, katalogartigen Notizen zu be-
gleiten.
1. Joh. Chr. Claußen Dahl, Küfte des Pofilippo. sign.: Dahl 1822. Das Bild ent-
ftammt der glücklichften Zeit des Künftlers, dem Jahre nach feiner italienifchen Reife.
Abb. 3. C. D. FRIEDRICH, Ruinen im Waide.
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