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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

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Heft 23/24
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0505

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AUSSTELLUNGEN

hat aucherCezanneund Gauguin ftudiert. Indes
waren es immer nur Anregungen und Orien-
tierungspunkte, die er dem Fremden entnahm,
es gab ihm höchftens die^Grundlage für eine
[ehr felbftändigejund kraftvolle Kunft, die das
reiche innere Erleben [und das tiefe reiigiöfe
Empfinden der Maiers deutiichwiderfpiegeit.—
Neben den Werken [des Mannes vermag fich
die gefunde Kunft der Maria Cafpar-Fiifer gut
zu behaupten; ihre lebendigen, baid iodernden,
bald ftiil leuchtenden Gemäide haben in der
Spannung der Linien eine ftarke perföniiche und
eigenwiiiige Ausdrucksfprache, — Um das Ver-
ftändnis für die Werke des Münchener Künft-
ierpaares und der neuen Kunft überhaupt in
weiteren Kreifenjzu fördern, veranftaitete die
Keftner-Gefellfchaft [durch den Unterzeichneten
mehrere ftark befuchte Führungen durch die
Ausfteiiung. Sieben Gemäide des Künftierpaares
[im Werte von über 10000 M.j gingen bereits in
der erften Woche der Ausfteiiung in Hannover-
fchen Privatbefiß über.
In der Zeit vom 5. bis 15. November fand in
den Räumen von Bahifens Keksfabrik eine
von Gertrud Kraut veranftaitete Kunftgewerbe-
Ausfteiiung ftatt, die in gefchmackvoiier Anord-
nung viei Schönes und Intereffantes bot. Moden-
modeiie von Mag Purtfcher-München biideten
den Mitteipunkt der Veranftaitung. Sie zeigten
vieie Schönheiten in der Wahi des meift fehr
koftbarenMateriais und in derZufammenfteiiung
der Farben, — in Schnitt und Linie aber waren fie
mehr extravagant ais neu, häufig auch geradezu
unförmiich. Reizvoii in Farbe und Linienführung
waren die Stickereien von Frau Margold-Darm-
ftadt, befonders gefchmackvoli eine Decke mit
fchwarz-weißer Kurbeiftickerei; ein frohes buntes
Farbenfpiei ftrahite aus den geftickten Kiffen und
Biidern von Frau H. Michei-Darmftadt. Die Vi-
trinen bargen eine Menge kieinerer Erzeugniffe
des modernen Kunftgewerbes, darunter fehr feine
Arbeiten der Fürftiidi Pleßfchen Spißenfchule,
Schmuckstücke des Vereins für Frauenkuitur —
Hannover und Intarfienkäftchen nach Entwürfen
von ,'Mela Köhier, Robert Fricke u. a. ausge-
führt vom hannoverfchen IntarfienmeifterAibert
Schutze. Von Gertrud Kraut fah man iuftige Holz-
arbeiten und mit reicher Biaumaierei gezierte
Keramiken. Der Kunftsaion Dießel-München
hatte zahlreiche künftierifche Gegenftände bei-
gefteuert, darunter die iiebenswürdigen, aber oft
fehr fpieierifdien Zeichnungen von R. Seewaid
und verfchiedene Arbeiten von Renatus Beeh,
Max Pechftein, Marie Laurencin u. a. DasGefamt-
biid der Ausfteiiung erhieit ein befonderes Ge-
präge durch die prachtvoiien, farbigen kerami-
fchen Skuipturen Bernhard Hoetgers und die

dekorativen Figuren Ludwig Vierthaiers. Mit
diefer Veranftaitung, die in erfter Linie ge-
fchmadcvoüer Frauenarbeit gewidmet war, er-
wies Herr Hermann Bahifen, der uns fchon häufig
zu intereffanten Ausfteiiungen und anregenden
Vorträgen einiud, erneut feine lebendige Anteii-
nahme an aiien modernen, künftierifchen Be-
ftrebungen. Seine Verdienfte um die Entwick-
iung einer guten, von künftierifchen Gefichts-
punkten geleiteten Rekiame, dieAusfchmückung
feiner Fabrikräume mit Werken der beften mo-
dernenKünftier,— zu denen [ich neuerdings Willy
Jaeckel mit vier monumentaien Biidern gefeilt,
die für einen Erhoiungsraum der Arbeiterinnen
beftimmt find —, zeugen deutlich von der groß-
zügigen Pßege, die Herr Bahifen den Künften
angedeihen läßt. P. E. Küppers.
EINE ISSELMHNN-GEDÄCHTNIS-
AUSSTELLUNG Im Obernier-Mufeum zu
Bonn hat die Geleiifdiaft für Literatur und Kunft
das Werk des im leßten Frühjahr verdorbenen
Maiers Ernft iffelmann zum erften Maie der
Öffentlichkeit zngängiich gemacht, insgefamt 70
Gemäide, Radierungen und Lithographien, der
künftierifche Nachlaß eines Frühvoliendeten, der
ais Dreißiger einer fchleichenden Krankheit er-
iag, noch bevor er die volle Höhe feiner Ent-
wicklungsmöglichkeit erreicht hatte. Ais Maier
der niederrheinifchen Induftrieiandfchaft hat Iffel-
mann [ich fchneil einen Namen gemacht, und in
diefer Schau feines Schaffens nehmen denn auch
Motive aus dem Induftriegebiet einen breiten
Raum ein. Mit einer gewiffen Vorliebe wähit
er nichtsfagende Stoffe, um den Triumph zu
haben, aus der Armut den Reichtum hervor-
gehen zu laffen und um zu zeigen, wie in dem
anfcheinend Nichtigen doch etwas künftierifch
Wertvolles enthaiten fein kann. Iffeimannverfteht
es, dem Kohienrauch, dem aufgefchütteten Eifen-
bahndamm, den Schornfteinen, den Hebekranen
und Transmifjionen einer Fabrik und anderen
Dingen, denen man früher ais etwas Häßlichem
aus dem Wege ging, maierifche Reize abzuge-
winnen. Aus diefem fcheinbar fo fpröden Stoff-
gebiet hat er öfter Stimmungsbiider geftaitet, die
erftauniich find, wenn man audr keines von ihnen
als Induftriebiid großen Stiles bezeichnen möchte.
Seiner erften, in der Farbe hart und trocken
wirkenden Art gehört ein Knabenbiidnis von
1907 an; dann foigenLandfchaften vom Nieder-
rhein, in denen ein ftarkes Farbengefühl zum
Durchbruch geiangt und das Zittern warmer Töne
bei Nebel und Rauch gefchitdert wird. Schiieß-
iich formt er, unter dem Einfluß von Cezanne,
feine Bilder nur noch aus großen, rafch hinge-
feßten Farbenflecken, zwifchen denen hier und

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