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lung mitzutheilen', vielleicht ist morgen an'S Schreiben nicht
mehr zu denken.
20,000 Menschen mögen wohl beisammengewesen sein
und haben beschlossen:
1) Es wird ein Landesvertheidigungsausschuß ernannt,
welcher sogleich in Thätigkeit tritt, und so lange in Perma-
nenz verbleibt, bis die gefahrvolle Lage des Vaterlandes vor-
über ist.
2) ES wird eine energische Ansprache an das Militär,
so wie an das deutsche resp. baierische Volk erlassen.
Gegen Abend constituirte sich der Landesvcnheidigunge-
ausschuß in der Fruchthalle aus den Mitgliedern: Ne ichard
von Speier (Abgeord.) Schmit t von Kaiserslautern (Abg.)
Kullmann von Zweibrücken (Abg.), Schüler von Zwei-
drücken (Abg), Grüner (Abg.), Fries von Frankenthal,
Schmidt von Kirchheimbolanden (Notar), Didier Post-
halter von Landstuhl, Hanitz, vr. muck. von Zweibrücken;
er erklärte sich sofort für permanent und beendigte des Mor-
gens um 3 Uhr seine Sitzung, nachdem beschlossen worden:
1) Es soll durch die beiden Abgeordneten Reichard und
Schmitt, unter Vorlage ter nöthigcn Aktenstücke in der
National - Versammlung , die Neichsgcwalt interpellirt
werden, was sie zu thun gedenke, um die Pfalz in
den getroffenen Maßregeln zu unterstützen. —
2) ES soll an alle Beamten der Pfalz die Zuschrift er-
gehen, sich binnen dreimal 24 Stunden zu erklären,
ob sie sich der Ncichsverfaffung unterwerfen, widrigen-
falls sie als rebellisch und ihre Anordnungen als
wirkungslos zu betrachten sind. —
3) Mittheilung der Beschlüsse an die Gemeinden.
4) Aufruf zur allgemeinen Bewaffnung und Organisation
derselben.
5) Verwe igerung der Steuern.
6) Verbindung mit dem Volke in den angränzenden
Staaten.
* Frankfurt, 2. Mai. Der König von Preußen hat
in seiner neuen Erklärung die Kaiscrschaft nun offen abgewiesen.
Er erkennt die Verfassung nicht an, weil er sich keine Ver-
fassung aufzwingen läßt. Auch sei die Reichsverfassung der
Art, daß sie das konstitutionell-monarchische Prinzip gefährde
und die Republik anbahne! Die Mebrzahl des Volkes wolle
aber keine Republik. Die Nationalversammlung solle sich's
jetzt noch einmal bedenken, er wolle ihr vorderhand roch
nichts thun.
* Frankfurt, 1. Mai. Das ,/Frankf. Jurnal» stellt
beute die Ankunft des Schlächters Windischgrätz zu Amor-
bach in Abrede. Es sei sein Schwager, der Fürst vou Löwen-
stein, mit ihm verwechselt worden.
Frankfurt. In diesem Augenblick, schreibt die N. Ztg.,
erhielten wir die Miithcilung aus Wien, baß in Lundenburg
in Mähren, an der Nordbahn, nicht weit von Wien, Quar-
tier für 40,000 Mann Russen bestellt werde, die bestimmt
sind, die Besatzung von Wien zu bilden, und beim Heranna-
hen der Ungarn die deutsche gegen das sckwarzgelbe HabS-
burgertbum erbitterte Bevölkerung Wiens im Zaum zu hal-
ten. So besudelt bereits die moskowitische Barbarei, herbei
gerufen von den Henkersknechten des deutschen Volkes in Oest-
reich die deutsche Erde als Bundesgenosse der verrätherischen
Könige zu Potsdam, Pillnitz, Nympfenburg und Hanover.
Das preußische Heer, welches den dänischen Boden nicht be-
treten durfte, scheint bestimmt die Reserve für Kosaken und
Baschkiren zu bilden und ihnen Len Rücken zu decken, wenn
das Freiheitsheer der Ungarn ihnen die blutige Lehre gegeben,
daß die Begeisterung für den großen Gedanken unsrer Zeit
unbesiegbar ist. Der verrufene Bund der Könige gegen die
Völker ist fertig; deutsches Volk, es ist an dir, dich wie ein
Mann gegen die Anschläge deiner Feinde zu erheben und der
Natter des Gewaltthums für immer den Kopf zu zertreten!
* Stuttgart, 1. .Mai. Herr Römer, der März¬

minister, dem das Volk eben erst wieder sein Ministerporte-
feuille gerettet hat, hat eine Proklamation erlassen, in der er
das Volk auffordcrt, sich jetzt zur Ruhe zu begeben, Erwerbe
mit „aller Festigkeit" allen Bestrebungen emgegentreten,
welche die Freiheit „über die Grenzen der Landes- und
Reichsverfassung hinaus» erweitern wollten. Der „vernünftige"
Volkswille lasse sich auch in der konstitutionellen Monarchie
verwirklichen (nämlich Herrn Römers Wille Minister zu blei-
ben!). Die Republikaner irrten sich gewaltig, wenn sie sich
Rechnung auf das Heer und die Bürgcrwehr von Würtcm-
bcrg machten, um die „bestehenden Rechtsverhältnisse" zu
untergraben. Wir haben's gleich gesagt, das Volk ist wieder
betrogen!
Q* Stuttgart, 3. Mai. Daß die Reaktion hier
wirklich besiegt scü hat kein klarfehendcr Republikaner geglaubt.
Die Konstitutionellen, die sich immer auf's Unterhandeln legen
(und das Wesen der konstitutionellen Monarchie ist ja eben
das Unterhandeln mit den Königen, damit sie das gewähren,
was das Volk von Nechtöweg-n sich selbst gewähren müßte),
diese Konstitutionellen also jubeln jetzt über den »glorreichen»
Sieg, den sie bei ihrem Unterhandeln über die deutsche Ver-
fassung davongetragen hätten über den würtembergischen König.
Es ist wahr, der König hat augenblicklich nachgegcben, weil
die allgemeine Bewegung das Militär erfaßt hatte und er sich
nicht auf die Hülfe dieser Säulen der Throne stützen konnte.
Ist der Rausch aber erst verflogen, sind die Zügel der Dis-
ciplin wieder straff, dann wird er Len günstigen Augenblick
finden und benutzen, um sich in seine volle königliche Macht-
vollkommenheit einzusetzen. Die Reaktion wird wohl, nachdem
sie in Berlin, Hannover und Dresden vorläufig gesiegt hat,
in ihrem Siegeslauf nicht am Schloß zu Stuttgart anhalten.
Ein gedemüthigter König, der nicht aufgehört
hat König zu sein, vergißt nicht, sich zu rächen.
Der Landcsausschuß unserer Volksvereine hatte am 24.
v. M. in einer Zuschrift an diese Vereine folgende Frage»
gerichtet:
t) Wie stark ist Eure Bürgcrwehr? 2) Wie viele Mus-
keten führt dieselbe, wie viele Büchsen und wie viele sonstige
Waffen? 3) Habt Ihr Munition vorräthig und wie viel?
Fehlt es namentlich nicht an Zündhütchen zu den Musketen?
4) Können Eure Gemeindebehörden zur Anschaffung von Mu-
nition veranlaßt werden und welche Mittel habt Ihr sonst zu
einer solchen Anschaffung? ö) Könnt Ihr Euch auf den Kom-
mandanten und die Offiziere der Bürgcrwehr verlassen, daß
dieselben treu und ehrlich zur Ncichsverfaffung halten? 6)
Wie viele Pferre habt Ihr disponibel, um nöthigenfalls zu
Wagen auszuziehen? — Wegen dieser Fragen soll er jetzt m
Anklagezustand versetzt werden. DerLandcsausschuß der Volks-
vereine hat diese letzte sogenannte Revolution hauptsächlich ge-
leitet. Den Landesausschuß vor Gericht ziehen, heißt also die
Revolution selbst vor Gericht stellen. Ich denke, das wird
man wohl Reaktion nennen können. Schwäbischer Michel,
merkst du noch immer nicht, wie man Revolutionen machen
muß?
* Aus Preußen, 28. April. 40,000 Mann Preu-
ßen sollen in Böhmen einrücken. Der Plan dazn ist einfluß-
reichen Mitgliedern des Centrums und der Rechten der auf-
gelösten Kammer mitgetheilt worden. Allein selbst diese sol-
len ihn mit Entrüstung abgewicsen haben. — Der Abg. Wal-
deck soll nach Hamburg entflohen sein. Alle Abgeordn., die im
Nov. v. I. die Steuern verweigert haben, sollen verhaftet
werben. — Herr v. Radowitz soll sich beharrlich weigern,
in daS Ministerium cinzutreten. Wittert ter alte Fuchs viel-
leicht Eisen? — Man spricht davon, daß das Neichsminifte-
rium nach Berlin berufen werden, und dort eine Verfassungs-
revision vornehmen solle, die dann von den deutschen Könige»
oktroirt werden soll.
ss* München, 1. Mai. Die politische Erregtheit uns-
rer Hauptstadt hat sich noch immer nicht gelegt. Auf den
Straßen werden zahlreiche Flugschriften revolutionären Inhalts
 
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