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Die


emokratische Republik.

Erscheint Montags ausgenommen täg-
lich. In Heidelberg vicricliabr. ^u kr.
Durch die Pog bezogen in ganz Baden
t fl. so kr. Inserate die Pcritzcilc L kr.

„Freiheit, Wohlstand, Bildung für Alle!„

Vcgcllnug wird gemacht in Heidelberg
in der VuchSruckerc! von Renner «.
Wolfs, auswärts bei allen Postäm-
tern. Briefe werden franco erbeten.

M- 1.8. Mittwoch, 2S. Mai. 18«».

Die Vorboten der Freiheit.
Die Bcfreiungsstunde Europa's naht heran. Bald wirst
du nicht mehr allein stehen in der Freiheit, Amerika, herrliche
Tochter Europa'S, deine Mutter wird deiner Spur folgen.
Tausend Jahre Haden sie gerungen mit ihren Feinden, die
Völker Europa'S. Sie haben sich zerfleischt im Namen und
auf Geheiß ihrer Zwingherrn, sie haben geblutet unter den
Sceptern der Könige und sich gekrümmt unter den Kreuzen
der Pfaffen. Am Ende des vorigen Jahrhunderts endlich ist
die Dämmerung der Volksbefreiung angebrochen, ehe die Hälfte
dieses Jahrhunderts abgelaufen ist, wird es Tag sein.
Die Revolution des Jahres 1849 wird siegreich durchge-
ben,- sie wird mit dem völligen Sturz der Volksfeinde in ganz
Europa enden. Das erleidet jetzt keinen Zweitel mehr. Die
französische Revolution, vom Juni bis zum Mai äußerlich auf-
gehalten, hat rn den Geistern der Franzosen um sich gegriffen,
wie ein Funken in trockuem Zunder. Die „Rothen" haben die
„Blauen" gestürtzt, noch nicht in der That, aber im Einfluß.
Noch ist es in diesem Augenblick ungewiß, ob die „Rothen"
bei den Wahlen gesiegt haben; so viel ist aber gewiß, daß die
ungeheure Mehrheit der französischen Armee „roth„ gewählt
hat und das ist genug. Wenn die „Rothen" nicht durch die
Wahlen siegen, werden sie durch die Waffen siegen. Die
Armee ist mit ihnen, die Armee ist „roth„ , der Sieg der
„rothen Republik" in Frankreich ist also gewiß. Waö wollen
die „Rothen"? Sie wollen Freiheit, Wohlstand und Bil-
dung für Alle in ihrem Lande; sie wollen Allen Völkern Hülfe
leisten gegen ihre Unterdrücker, wenn sie dieser Hülfe bedür-
fen. Verbrüderung mit den Völkern, Krieg gegen die Könige
Europa's ist das Losungswort der „Rothen". Wer ihrer Hülfe
bedarf, kann darauf rechnen. Sie verabscheuen die Eroberung
ebenso sehr als sie die Eroberer hassen. Die Eroberer aber
sind die Könige.
Italien ist augenblicklich dem Verrath seiner Fürsten und
der Uebermacht seiner verbündeten Feinde unterlegen. Seine
Feinde sind Oestreich und die Verräther an Frankreich, Louis
Napoleon und seine monarchischen Minister. Oestreich ist to-
dcswuno, die Magyaren haben die Klinge in sein schwarzes
Herz gestoßen. Louis Napoleon ist dem Untergange geweiht.
Der Federstrich mit dein er den Befehl zum Kampf französi-
scher Soldaten gegen die römische Republik gegeben hat, war
die Unterschrift zu seinem Todesurtheil. Die Armee und das
französische Volk werden Rache nehmen für diesen unauslösch-
lichen Schandfleck, den er auf den Waffenglan; des Republi-
kanischen Frankreichs geworfen hat. Italien wird frei werden
durch dieselben französischen Waffen, die jetzt gegen eö ge-
richtet sind — in wenigen Wochen.
Und Deutschland? Die Augen sind ihm aufgegangen
über den Verrath, den seine Fürsten an ihm geübt haben. Die
Wahnsinnigen! Im Augenblick, wo es im Bauche des euro-
päischen Niesenvulkaus dumpf kocht und rollt, wo der Boden
zittert, die Felswände bersten, wo das Feuer des europäischen
Volkskriegs jeden Augenblick donnernd hervorstürzen kann und
den Weltheil in Flammen setzen - da glauben sie die Zeit

gekommen,die Zwingburg ihres Czarenthums fest zu gründen,
sich wohnlich einzurichten auf den Trümmern der beschossenen
Städte und den Leichen der geschlachteten Volkskrieger. Die
letzte Spur der Revolution , der Rest der deutschen National-
versammlung soll vertilgt werben. Aber ihr habt euch ver-
rechnet, ihr Elenden. Ihr könnt den Löwen der Rebellion er-
müden aber nicht tödten. Das Volk ist unsterblich, die Re-
volution unbezwingbar geworden. Hier an der äußersten
Grenze Deutschlands, am Fuße der uralten Burg germanischer
Freiheit, der freien Schweiz und an der Seite des feurigen
Frankreichs sammeln sich die deutschen Kämpfer.
Zu den Waffen! schallt der Schlachtruf von den
Thälern des Odenwaldes bis an das grüne Ufer des Boden-
sees. Von den Gebirgen steigen die Männer, das sichere Blei
in der Büchse. Unter den Waffen steht das ganze Volk. Frei-
heit oder Tod ist sein Wahlspruch. Das badische Volk ist die
Avantgarde der Freiheit in Deutschland. Eö wird sich seines
Postens würdig zeigen.
Die Ungarn stehen vor Wien. Bem und Dembinski tra-
gen die Revolution nach Polen. Schon sind die Russen ge-
schlagen. Polen steht auf. Der Czar zu Moskau und der feige
Schlächter mit der heuchlerischen Betermiene zu Potsdam er-
bleichen. Zittert, Ihr Elenden! — Europa ist aufgc-
standen. Eure Uhr ist abgelaufen.
Die alten Griechen haben erzählt, daß da, wo jetzt die
Insel Sizilien aus dem blauen Meer emporsteigt, einst ein
Niese wohnte, der sich empört hatte gegen die Könige des
Himmels, die Götter. Die Götter warfen den Felsen Sizi-
liens auf ihn. Hier liegt nun der Niese unter dieser Last. Zu-
weilen aber rührt er seine Glieder, um sie zu befreien. Da
erbebt der Boden des Eilandes und aus dem Aetna fließen
feurige Lavaströme und fallen Felsblöcke. Deutschland gleicht
diesem Niesen. — Die Fürsten haben sein Volk unter ihre
Tyrannei begraben. Badisches Volk, sei du die befreiende Faust
des Riesen, die zuerst den Felsblock erfaßt und weit hin
schleudert, daß das morsche Gebäude der Tyrannei in seinen
Fuge» kracht und zusammenstürzt. Dein ist der Sieg und un-
sterblicher Ruhm.
A H.

Deutschland.
.Heidelber-ft, 22. Mai. Gestern Nachmittag wurden
unsere Turnfeuerwchr, das bewaffnete Arbeiterkorps, und ein
Theil der hiesigen Bürgerwehr, welche bei dem Ueberfall des
Hinkeldey'schen Korps in Fürfeld mitgewirkt haben, durchs Ge-
neralmarsch zusammengerufen. Der Kricgsminister Eich seid,
welcher sich gegenwärtig hier befindet, wollte Inspektion über
diese Korps, die sich in jener Nacht so ausgezeichnet haben,
abhalten. Beide Korps marschirten auf dem Paradcplatz auf,
wo sie dem Kriegsmimster vorgestcllt wurden und vor demsel-
ben einige Manövers machten. Der Kriegsminister sprach
seine Zufriedenheit über diese schöne und kräftige Abtheilung
unsrer Volkswehr aus. Die Turnfcuerwehr soll, wozu sie sich
besonders eignet, zur Tirailleurabthcilung des hiesigen Mobil-
 
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