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korps gemacht werden. — Die beiden Bataillone des Leibre-
gimcntS, welche vorgestern hier einmaschirt sind, haben uns
noch nicht verlassen. Von dem Mobilkorps der Volkswehr
sind viele, namentlich solche aus dem Oberland, wieder in
ihre Heimath marschirt, um dort ihre militärische Ausbildung
fortzusetzen. Mehrere Mobilkorps sind auf das Land gelegt
worden. Man spricht davon, daß das Mobilkorps der Hei-
delberger Volkswchr nach Karlsruhe verlegt wird. Welche
große Streitmacht wir in Kurzem den Feinden des Volkes
werten entgegensetzen, mag man daraus ersehen, daß allein
aus dem Obcramt Heidelberg 6000 Mann zu der mobilen
Volkswchr eingeschrieben sind. Das Hauptquartier wird in
unsere Stadt gelegt werden und wir erwarten hier schon heute
den Oberkommandanten der Volkswchr, Bürger Philipp
Becker aus Biel.
sZ Heidelberg, 22 Mai. Preußen rüstet sich gegen
uns und gegen unsere junge Freiheit, darum aber keinen Au-
genblick gewankt! UnsereSache siegt, muß siegen, wenn Ihr
nur wollt. Schauet die Ungarn und ihren Freiheitskrieg an;
crrinnert Euch, wie gegen sie, ein Volk von nicht mehr als 7
Millionen, das enorme Heer der Oesterreicher, ein Heer von
250,000 Mann, mit Kanonen und allen Kriegsgcräthen aufs
Beste versehen, wie gegen sie das russische Heer seine ganzen
Kräfte entwickelte, und crrinnert Euch der glänzenden Siege
der Ungarn, der gänzlichen Vernichtung dcs Ungeheuern öster-
reichischen iHeeres und der großen Niederlage der russischen
Schaaren. Die Ungarn vollbrachten beinahe Unmögliches, denn
der Geist der Freiheit trieb sie, dieLiebe zum
V.a ter lande folgte ihnen in dieSch lachten — sie
siegten und mußten siegen. Erinnert Euch des ersten Nevolu-
tionskriegs der Franzosen. Ganz Europa war gegen die junge
Republik zu Felde gezogen; ganz Europa halte seine Streit-
kräfte gegen die Heere Frankreichs, die schlecht bewaffnet, lum-
pig und oft nicht einmal mit Schuhen vcrseben waren, ent-
wickelt >. und dennoch siegten die Franzosen. Die Freiheit tri-
umphirte auf den Schlachtfeldern von Mantua, Arcole, Jena
und Auerstadt. und trug siegreich das Banner der Revolution
durch Europa.
25,000 Mann, was will das heißen, gegen ein bewaff-
netes Volk und ein geübtes, muthiges Heer, das entschlossen
ist für seine Freiheit zu kämpfen? 25,000 Mann, so berichtet
die „Deutsche Zeitung", sollen um Frankfurt zusammengezogen
werden: 4000,Mecklenburger, 6000 Hannoveraner und 15000
Preußen. Und Liese sollen uns erdrücken? Nur heran, ihr
preußischen Königsknechte; wir werden euch lehren, was cs
heißt, ein Volk und ein Heer, das für seine Freiheit aufge-
standcn, unterdrücken zu wollen!
Karlsruhe, 21. Mai. Der Landcöaueschuß hat
nachfolgende Dekrete der Erkulivkvmmission zur Ausführung
überwiesen:
Dekret, die Auflösung der Kammern betref-
fend:
Im Namen des Volks.
In Erwägung, daß gegenwärtig keine ordnungsmäßige
Vertretung besteht, welche dem allein gerechten Grundsätze der
Volkssouveränität entspricht; in Erwägung, daß sich der Wille
des Volkes, unzweifelhaft in großen Kundgebungen für die
sofortige Auflösung der Kammern und Einberufung einer ken-
stituirenden Versammlung ausgesprochen hat; in Erwägung,
daß es eine der ersten Pflichten des Landesausschusses ist, die-
sem Willeu des Volkes, der sich auf der Offenburger Ver-
sammlung endgültig und deutlich erklärt hat, zur Ausführung
zu verhelfen;
verordnet der regierende Landesausschuß wie folgt:
1) Die beiden Kammern Badens sind aufgelöst.
2) Es ist sofort eine konstituirende Versammlung einzu-
berufen.
3) Der Minister des Innern ist mit der Ausführung
dieser Verordnung beauftragt.
Karlsruhe, den 17. Mai 1849.
DerLandeöausschuß. '

Gesetz, die Einberufung einer konstituirende»
Versammlung betreffend.
Im Namen des Volks.
In Gemäßheit der Verordnung des Landesausschusses
wird das Wahlgesetz für die konslitm'rendes Versammlung in
folgender Weise bestimmt:
1) Wahlfähig und wählbar ist jeder Staatsbürger Ba-
dens, welcher das 2l. Lebensjahr erreicht hat.
2) Die Wahlbezirke bleiben dieselben, wie bei den Wah-
len zur deutschen Nationalversammlung.
3) Jeder Wahlbezirk ernennt? vier Abgeordnete für die
konstituirende Versammlung.
4) Für jeden Wahlbezirk wird ein Kommissär dcs regie-
renden Landesauöschusses ernannt werden.
5) Die Wahlen geschehen direkt mit geheimer Stimm-
gebung.
6) Der Tag, an welchem im ganzen Lande die Wahlen
stattfinden, ist der 3. Juni 1849.
7) Die konstiiuirende Versammlung wird am 10. Juni
in Karlsruhe eröffnet werden.
Karlsruhe, 16. Mai 1849.
Die Erekutivkommision: L. Brentano, vclt. K. Blind.

Dekret, die Nückberufungdes Bürgers Friedrich
Hecker von Mannheim beteffend.
In Erwägung, daß sich Bürger Friedrich Hecker von
Mannheim um das Vaterland und die Freiheit verdient ge-
macht;
in Erwägung, daß in der jetzigen Zeit das Vaterland
Männer braucht, die erprobt sind im Kampfe für die Frei-
heit, und die den Muth und die Kraft besitzen, zum Heile für
das Volk zu wirken;
in Erwägung, daß solche Männer die Verpflichtung ha¬
ben, in den Tagen der Gefahr sich an die Spitze des Volkes
zu stellen;
wird verfügt:
1) Bürger Friedrich Hecker von Mannheim, der-
malen in Nordamerika wohnend, wird aufgefordert, in das ,
Vaterland zurückzukchren und sich demselben zur Verfügung
zu stellen.
2) Der Vorstand der Erekutivkommision ist mit dem
Vollzug beauftragt.
Karlsruhe, 17. Mai 1849.
Der Landesausschuß.

Karlsruhe, 20. Mai. Oer Landesausschuß
hat nachfolgende wichtige Beschlüsse gefaßt:
1) Alle reaktionäre Beamten sind für die Zeit der Ge-
fahr unschädlich zu machen. Die Befriedigung aller Penfions-
ansvrüche bleibt der konstituirenden Versammlung überlassen.
2) Der französischen Regierung und der Schweiz ist die
Flucht sämmlicher Minister, des Großherzogs und ter Negie-
rungsantritt des Landesaueschusses anzuzeigen. (Bereits ge-
schehen.)
3) Die Hinterbliebenen der im Kampfe Fallenden wer-
den aus Staatsmitteln versorgt.
4) Es sind sogleich alle Gefängnisse zu untersuchen, ob
noch irgendwo politische Gefangene sitzen. Alle Beschlagnah-
men sind aufzuheben, alle (auf politische und Preßsachen be-
züglichen) Kautionen zurückzugeben.
5) Sämmtliche Grundlasten sollen unentgeltlich aufgeho-
ben werden.
6) Die Gemeinden werden unbedingt selbständig erklärt
Neue Gemeindewahlen sind im ganzen Lande anzuordnen.
7) Die Beschlüsse der Kammern seit dem 17 Februar
sind null und nichtig, jedoch mit dem Vorbehalt, Vorsorge Z»
treffen, daß dadurch in dem Staatshaushalt keine Störung
entstehe.
 
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