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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

DOI Heft:
Heft 19 (1. Juliheft 1917)
DOI Artikel:
Schairer, Erich: Deutsche Gemeinwirtschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0042

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die alten Formen der Beamtenschaft mrßfallen, nun, so frischt sie auf.
Macht es besser oder gewartigt, daß über eure Köpfe hrnweg nrcht aus
Mutwillen, sondern in der wrrtschaftlrchen Drangsal der nächsten Iahr-
zehnte die alten Ämter tun, was sie nicht lassen können. Dann wird ein
Dauerregen von Verordnungen und Polizeikontrollen, Meldungen und
Anträgen niedergehen, weil der Wirtschaftsmensch sein Besserwissen vor«
enthalten hat.

Wir müssen verantwortliche Glieder der deutschen Wirtschaft werden,
geständig wie Steuererklärer und dienstpflichtig wie Soldaten. Nicht
gegen uns, sondern für uns muß ein wirtschaftliches Gehäuse errichtet
werden, so weitläufig und einheitlich, so fest und dicht wie das politische
Deutsche Reich. In diesem Gehäuse mögen die alten oder neuen tzebel,
Räder, Kolben, tzähne nicht mehr lose nebeneinander liegen und gegen«
einander stoßen, sondern gemeinsam die Bewegung lenken. (Wir wollen
nicht ängstlich sein, sie auszuwechseln, wenn wir erkennen, daß sie sich ab-
nutzen oder verrosten.) Wir selbst sind der Dampf, und unsre Strömung
recht zu bändigen, wird unsre eigene Sorge sein.

Einfachheit

g^er Verzicht auf Genüsse ist noch lange kein tzunger oder Durst, der
^Verzicht auf Lärm und Tand noch lange keine Duckmäuserei oder
Schäbigkeit, und Äppigkeit im Stoffbehang des Leibes, im Fressen, Sau«
fen, Rauchen, im Zierrat der tzäuser und Straßen geziemt dem Neger
mehr ais uns. (Ehe ein künftiger Wohlstand uns wieder erlaubt, über
das Notwendige hinaus dem Schönen zu huldigen, wird uns hoffentlich
nicht nur die Kaufkraft, sondern auch ein bißchen innere Verwandtschaft
dem Stil verbinden, der in den Städtebildern von Straßburg und Danzig,
im tzandwerk von Nürnberg, im Biedermeierwohnhaus, im westfälischen
Bauernhof, in der Blumenpracht des Dorfgartens, im preußischen Pots-
dam, aber auch in einigen jüngsten tzochburgen Berliner Geschäftigkeit
leibhaftig von der tzeiterkeit und Innigkeit, vom Stolz und Schmiß der
deutschen Lebenskünstler zeugt.)

Vertretung im Auslande

gk^er deutschen Gemeinwirtschaft, wie sie sich innerlich vollendet, kann es
^am rechten Außendienst nicht fehlen. Äach welchem Schlüssel man die
deutsche Filiale in Lngland oder Rußland besetzt, ob man sie besser mit
Wirtschaftsmenschen als mit Iuristen ausstattet, wie sie am zweckmäßigsten
arbeitet, ob laut oder leise, mit vielen Armen oder mit einer tzand, an-
griffslustig oder mit Zurückhaltung, diese Fragen verblassen neben dem
unabweislichen Lrfordernis, daß sie in jedem Lande der alleinige, wür-
dige und taugliche Statthalter des allein noch vertretungswerten deutschen
Gemeingeschäftes sei.

Sinn des Krieges

g>»iefer als unser äußeres Gebaren wird unser innerer Gehalt fortwirken.
^Nichts hindert uns, zu glauben, Gott habe diesen Krieg gewollt, um
die Menschen vom Heimlichen Kult des Portemonnaies zu befreien und
ihnen zu eröffnen, daß selbst das zeitweilige Gebet zum heiligen Einmal-
eins, das sich nun vielleicht erschreckend nüchtern in das irdische Leben
einnisten werde, ihm wohlgefalle, wenn dahinter die Sehnsucht nach Ge-
rechtigkeit verborgen sei. Wenn Gott sich der Kant« und Bismarckdeutschen

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