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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

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Heft 20 (2. Juliheft 1917)
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Müller-Olpe, ...: Kommunalbaumeister: auch eine Heimatschutzfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0087

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Ln kleineren Genreinden veranlassen ihn meist die Aufsichtsbehörden. Mitt«
lere und kleinere Gemeinden sind da meist schlecht beraten. Der richtige
Zeitpunkt wird schon verfehlt, über den Umfang der Aufgabe herrscht An--
klarheit, niemand weiß: wer stellt den Bebauungsplan auf? Die Herstellung
der Planunterlagen, die etwa nach erfolgter „Ausschreibung" erfolgt, hält
man für die Hauptsache, nach deren Fertigstellung die Einzeichnung der
Straßenzüge und Plätze mit Winkeln, möglichst geometrisch und meist ästhe-
tisch unbefriedigend durch den Bürgermeister oder Amtmann erfolgt. Selbst
die notwendigsten wirtschaftlichen Erfordernisse werden vernachlässigt, von
einem richtigen Abwägen zwischen Verkehr und Behaglichkeit, Hygiene
und Schönheit ist nichts zu bemerken. Ieder Bürger soll wohl seinen „ge-
raden Weg" gehen können. So wird dieser Plan nach erfolgter Offen-
legung unter der vorgeschriebenen Berufung auf die Paragraphen des
Fluchtliniengesetzes „festgesetzt".

Erwägt man diese Vorgänge, so versteht man, woher die Schädigungen
unsrer Stadt- und Landschaftsbilder gekommen sind. Der „unterstellte"
sachverständige Baubeamte ist Berater, er hat keine Macht, Anfug
zu verhindern. Er muß zusehen, wie man die von ihm geplanten Straßen-
züge nach Belieben verändert, und wird wohl gar „beauftragt", die Straße
so und nicht anders einzumalen. Als ich einmal vorschlug, zur Fest-
stellung der historisch wertvollen Gebäude des Stadtgebietes den Provin-
zial-Konservator heranzuziehen und dann diese Gebäude zu schützen, lehnte
dies der Bürgermeister mit dem Hinweis ab, das mache nur „Schere-
reien". Obgleich meines Wissens das tzinzuziehen des Konservators in
derartigen Fällen durch besondere Verfügung der Königlichen Regierung
angeordnet war! So können gutgemeinte Verfügungen der Aufsichts-
behörderr bedeutungslos gemacht werden, denn der Kommunalbaumeister
in seinem Abhängigkeitsverhältnis kann sie nicht durchsetzen, auch wenn
er die Beratung durch den Sachverständigen für durchaus erforderlich hält.

Es wird also darauf los projektiert, jeder Stadtrat oder Stadtverordnete
bekommt nach Wunsch desPeeinigten Klüngels womöglich entlang seinem
Grundstück eine Straße. Der Bürgermeister muß — zumal wenn etwa seine
WahlzeiL bald abläuft —, einfach „mit", das wird ihm auch leicht, denn
er versteht von der Sache nicht viel. Wo ist denn da nun eigentlich der
Wahrer der öffentlichen Interessen tätig?

Wie schon hiervor gesagt, sind schon die Anterlagen der „festzusetzen-
den^ Pläne oft recht ungenau. Neuvermessungen kosten Geld, und der
machthabende Nicht-Baumeister versteht nicht so gut, daß ein Bebauungs-
plan, der seinen Zweck erfüllen soll, vor allen Dingen richtige Plan-
materialien voraussetzt. Es kann bei dem einmal bestehenden Abhängig-
keitsverhältnis des Kommunalbaumeisters eintreten, daß er den Plan „her-
stellt" und „unterschreiben" muß, wenn auch seine eigenen Ideen glatt
abgelehnt werden. So kommen Bebauungspläne heraus, die zum Beispiel
Naturschönheiten, anstatt sie auszunutzen, allmählich vernichten. Die Re-
visionsinstanzen sind weitab, ihnen fehlt oft die Kenntnis der örtlichen Ver-
hältnisse. Selbst wenn einige mehrstündige Besichtigungen erfolgen sollten,
sie kommen doch nicht so schnell ins Bild.

Hätte der sachverständige Baumeister den ihm in dieser Sache zukommen-
den mitbestimmenden Einfluß gehabt und auch wohl schroffen, eigen-
nützigen Widerspruch zurückweisen können, so wäre sicher die Gemeinde
für lange Zeiten in den Besitz eines ordnungsmäßigen Planes gekommen,

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