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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

DOI Heft:
Heft 21 (1. Augustheft 1917)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Ins vierte Kriegsjahr
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https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0134

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die ungeordneten Vrelen ordnen, um sie auf Irrwege zu führen. Aber
ohne Suggestionen würden ihnen ja die Völker nicht folgen.

Dajz große echte Ideale auf der Gegenseite mitwirken, das bestreitet
freilich auch keiner, der denkt. Auch das sittlichste Prinzip kann sich gegen
Unsittlichkeit nur durchsetzen, wenn es die Macht auf seiner Seite hat, mag
diese Macht sich nun auf Gedanken oder auf Waffen stützen. Eine sehr
einfache und doch bei dem Gerede über Machtkultus immer beiseite ge-
stellte Latsache. Die größte Idee, die gegen uns kämpft, ist die Idee der
englischen Weltherrschaft. „Die", denkt der gebildete Engländer, „soll der
Sittlichkeit die Macht verschaffen: haben wir erst die Welt, so richten
wir sie freiheitlich und sittlich ein. Das damit erreichte Gut ist so über
alles groß, daß jedes Mittel von diesem Zweck her geadelt wird — jedes."
Das ist der stille Schutzgedanke Albions, durch den es sich berechtigt glaubt,
jeden Verbündeten für Englands Weltherrschaft zu betören, zu mißbrauchen
oder zu opfern. Für die Vielen, welche die tzeiligung des Mittels durch
den Zweck nicht verstehen, der Cant!

England hat im Weltbetrug monumental Großes geleistet. Es ver-
gewaltigt von den Kleinen einen nach dem andern, und auf drei Vierteilen
der Erde glaubt man ihm, daß es für den Schutz der Kleinen kämpfe.
Es hat ein Land nach dem andern unterjocht, aber trotz Irlands, Indiens,
Agyptens und all der andern Gefesselten oder Gefressenen glaubt man ihm,
daß es für die Freiheit der Menschheit kämpfe. Es ist überhaupt nur durch
Annektionen auf Annektionen, man dürfte auch sagen durch Raub auf Raub
geworden, was es ist, und hat dieses System durch große Annektionen auch
während des Krieges noch sortgesetzt, und dennoch sprechen Millionen ohne
Gelächter davon, daß es gegen das Annektieren kämpfe. Der Zwang der
Abhängigkeit, der jeden Widerspruch schon im Keime erstickt, das Aber-
wachen, Stehlen und Fälschen der Nachrichten für alle Erdteile, kurz: das
Umspinnen mit immer strafferen Fäden immer aus demselben Gespinst hat
die intellektuellen Opfer so gefesselt, daß sich ihnen ihr eigenes Denken
nun aus den Gehirnen saugen ließ. Was am einzelnen Menschen bei
jeder tzypnotiseur-Vorstellung verblüfft, geschah so an den Völkern. „Was
ist das?" „Eine Kartoffel". „Ia, aber jetzt ist es ein Apfel! Beißen Sie
hinein, schmecken Sie nicht, wie süß er ist?" „Ein herrlicher Apfel!" Auch
das Umwechseln der Dinge im Nu ist für die Praxis der Welthypnose nur
eine Kleinigkeit. Was hat im Kartoffel-Apfelspiel der Entente-Apparat für
Völker-Denk-Direktion allein geleistet durch Wilson, den Aussprache ver-
hindernden Vermittler, den wasfenliefernden Neutralen, den Krieg vor-
bereitenden, Krieg verlängernden und Krieg erklärenden begeisterten
Pazifisten!

Ietzt ist der Viertelhundert-Bund gegen uns zusammengebracht. Reich-
lich hundert Millionen Geviertkilometer Land stehen ihm gegen die noch
nicht dritthalb Millionen Geviertkilometer des Vierbundes mit allen ihren
Mitteln und Kräften zur Verfügung, und weit über anderthalb Tausend
Millionen Menschen gegen noch nicht anderthalb tzundert. Gegen uns,
die wir bekanntlich mit unserm „Machtkultus" jene zwanzigmal Mehreren
„übersallen" haben. Freilich sind, gleichfalls bekanntlich, sämtliche Laster

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