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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

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Heft 23 (1. Septemberheft 1917)
DOI Artikel:
Sigerus, Else: Von den Siebenbürger Sachsen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0223

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seits und die Zunahrne der rumänischen Bevölkerung anderseits große
Fortschritte gemacht hat.

Von den harten Kämpfen des Mittelalters zeugen noch jetzt in fast
allen Dörfern des südlichen Siebenbürgen die mächtigen Kirchenkastelle
und Burgen, deren es über 300 im Sachsenland gegeben hat. Sie er--
scheinen als gewaltige Wahrzeichen deutscher Kraft und der Verteidigung
der Heimat und des Glaubens. Aus Steinquadern erbaut, erheben sie
sich meist auf einem Hügel über dem Dorfe. Die Kirche selbst ist zur
Verteidigung eingerichtet, die Türme sind mit Umlauf und Schießscharten
versehen; in weitem Bogen ziehen sich ein oder zwei mächtige Mauer-
ringe um sie herum, von starken Türmen unterbrochen. Sie haben
in Zeiten der Gefahr die Bevölkerung samt allen notwendigen Vorräten
aufgenommen. Inmitten der bald lieblichen, bald großartigen Karpathen«
landschaft machen die alten Kirchenburgen einen eigenartig stimmungs--
vollen und unvergeßlichen Eindruck. Viele sind sehr gut erhalten; die
Kirchen dienen noch Heute dem Gottesdienst. Die prächtige Törzburg
ist von der Stadt Kronstadt als Iagdschloß dem König zur Krönung ge-
schenkt worden.

Aber die Sachsen haben ihr altes Volkstum nicht nur bewahrt, son-
dern es auch dauernd im Sinne ihres Mutterlandes fortentwickelt.
Schon im ^5. Iahrhundert hatte jedes Dorf seinen Schulmeiste'r. Die
Stadtschulen standen schon damals im besten Rufe. Die Lehrer, die zu»
gleich Theologen sein müssen, studieren alle einige Zeit an deutschen Rni-
versitäten; schon in den ersten Semestern von Wittenberg und tzeidelberg
finden sich Siebenbürger Sachsen immatrikuliert. Aus dem Kreise der
Lehrer werden die Pfarrer gewählt, die gewöhnlich die Führer der Ge-
meinde in allen geistigen und weltlichen Dingen noch heute sind, und,
sei es mit der Linführung neuer Maschinen oder als Vorstand der Raiff-
eisenkasse oder in politischer Beziehung, meist großen Linfluß ausüben.
Lin Hauptfaktor der (Lrhaltung des Deutschtums ist seit je die Landes--
kirche, die auch sämtliche sächsische Schulen unterhält. Sehr bezeichnend für
das ruhige, zielsichere und aufnahmefähige Wesen des Volkes ist es, daß
die Reformation friedlich durchgeführt wurde, und daß weder die Gegen-
reformation noch die umgebenden Andersgläubigen oder die Staatsreli-
gion die evangelische Landeskirche Augsburger Bekenntnisses zu erschüt-
tern vermochten.

In den sächsifchen Städten hält die Kultur mit der Entwicklung
der reichsdeutschen im Besten Schritt. Rnd zwar kann darin eine Stadt
wie hermannstadt mit ihren rund 30 000 Einwohnern, von denen ^6 000
Deutsche sinb, nicht gut mit einer beliebigen gleich oder auch dreimal
so großen im Reiche verglichen werden. Daß jedes tzaus elektrisches Licht,
jede Straße Asphalt hat, daß die großen, neuen Stadtteile fast nur Ein-
familienhäuser im bergisch-märkischen BaustU aufweisen, und daß die
schönsten Garten- und Parkanlagen Erholung und Augenweide bieten,
gibt nicht den Ausschlag für den Vergleich. Aber das lebendige Geistes-
leben ist dafür bestimmend, die allgemeine, außerordentlich rege Teilnahme
für deutsche Kunst und jede Wissenschaft. In tzermannstadt bieten mehrere
Museen bedeutende natur- und kulturhistorische landeskundliche Samm-
lungen. Wissenschaftliche Vereine pflegen verschiedene Studien und geben
periodische Veröffentlichungen Heraus. In der Brukenthalischen Gemälde-
galerie hängen neben vielen wertvollen Bildern vornehmlich der nieder-
 
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