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Beck, Paul [Editor]; Hofele, Engelbert [Editor]; Diözese Rottenburg [Editor]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 17.1899

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Schön, Theodor: Zur älteren Geschichte der Pfarrei Unlingen (OA. Riedlingen), [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15869#0147

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Hl. 3. L-ur älteren Geschichte der
Pfarrei Uiuimzc» (GU. Giedlinricn).
(Fortsetzung.)
Eine» wunden Punkt bildeten Zau-
berei, Hexen- und Aberglaube.
Zwar trat die Kirche diesen Erschei-
nungen entgegen: bei Erklärung des ersten
Gebotes wurde auf das Verbot des
„SegnenS" und der Zauberei besonders
Nachdruck gelegt. Allein der Wahn war
zur Epidemie geworden und zeigte seine
Macht besonders im 16. und 17. Jahr-
hundert. Das Tragen von Amuletten war
in Unlingen lange Zeit gebräuchlich. Das
Hexenwesen spielte hier bis in unser Jahr-
hundert herein eine große Rolle. Man
erzählt noch heute von alten Hexengeschichten,
vom Hexenbannen, von Hexentänze», von
Verwandlungen der Hexen in Tiere, von
Verhexung des Viehes, von sog. „Sckrät-
tele" u. s. w. Die weltliche Gerichtsbar-
keit in Malefiz-Sachen ans der Herrschaft
Bussen stand den Truchsessen von Wald-
burg, den Pfandinhabern Oesterreichs, zu,
und dieselben haben besonders in Unlingen
ausgiebig von ihrem Recht Gebrauch ge-
macht. Im Jahre 1587 ließ' Truchseß
Christoph zu Unlingen viele Frauen als
Hexen mit ausgesuchten Qualen wiederholt
foltern und überantwortete sie dem Feuer-
tod. Unter den Angeklagten befand sich
damals auch eine Wirtin, die aber eine
rechtschaffene Frau war und von Zauberei
nichts wissen wollte. Sie wurde aber
dennoch der peinlichsten Untersuchung unter-
worfen und zwar öfter als die goldene
Bulle es gestattete. Unter dem Druck der
Folterqualen gestand sie, was sie sich nie
geträumt hatte, nahm aber ihr Geständnis
zurück, wenn die Folter abgenommen wurde,
und dies zum wiederholtem»«!. Als aber
der Truchseß mit foltern nicht nachließ,
gab sie nach und beharrte auf dem Ge-
ständnis ihrer Schuld, um den Qualen
ein Ende zu machen. Sie wurde also
auf de» Scheiterhaufen geführt, beteuerte
aber dem Henker gegenüber nochmals ihre
Unschuld und erklärte, zum Zeichen ihrer
Unschuld werde der Pfahl, an den sie ge-
bunden werde, ausschlagen und blühe».
Und wirklich trat dies nicht lange nach
ihrem Tode ein, obwohl jener Pfahl stark
vom Feuer angegriffen worden war. Sulger
bemerkt dazu, sein Zeitgenosse, derZwiefalier

I U.Metzler,habenochAugenzeugendiesesVor-
falls gekannt (I. c. uck uun. 1587). Auch in
der Marchthaler Chronik ist dieses Ereignis
erzählt und im Volksmund hat es sich bis
auf den heutigen Tag erhalte». Man er-
zählte auch von einer Hexe zu Unlingen,
welche ein junges Mädchen das Hexen-
werk lehrte. Letzteres versuchte sich bereits
in ihrer Kunst beim Spiel mit den Kindern.
Sie machten Rosse, Kühe und Vögel ans
Lehm; aber die Rosse und Kühe, welche
jenes Kind machte, liefe» umher und die
Vögel flogen fort. Die Alte wurde dann
gefangen genommen und gestand dann auch,
als Hase mit einem Menschengesicht hernm-
gelaufen zu sein und Kraut auf Beeten
abgefresseu zu haben. Sie wurde ver-
brannt, ihrem Mädchen aber zur Gnade
alle Adern geschlagen (Birlinger, Volks-
tümliches aus Schwaben 1, 1861, S. 308).
Wie viele ungerechte Todesurteile bei der-
artigen Prozessen gefällt wurden, ist wohl-
bekannt. Es fehlte auch nicht an Be-
schwerden über das truchsessische Gerichts-
verfahren. Im Vertrag zwischen dem Erz-
Hans Oesterreich und den Neichserbtruch-
sessen wegen der Herrschaften Bussen,
Kallenberg u. s. w. vom 24. Mai 1680
(Gem.-Neg. Unlingen) wird den Truchsessen
in Malefiz-Sachen sowohl das Recht der
Erkenntnis als auch der Exekution zu
Unlingen und anderen Orten zugestanden,
auch dürfen sie dort mit Gefängnis und
Aufrichtung halsgerichtlicher und anderer
Zeichen Vorgehen, wo solche vorher nicht
vorhanden waren; doch soll dem Erzhaus
Begnadigung der Malefikanten Vorbehalten
sein.
Neben derartigen allgemeinen bedauer-
lichen Erscheinungen begegnen uns doch
auch manche andere, die von einem eifrigen
religiösen Leben und besonders großen
Wohlthätigkeilssinn in Unlingen zeugen.
Es sei hier nur erinnert an die frommen
Spenden und Einrichtungen für Arme und
Kranke. Wiederholt kamen bei kirchlichen
Anlässen Armenspeisungen vor; schon im
Jahre 1487 wird ein „Sichenhäuöle" in
Unlingen erwähnt; ebenso befand sich hier
schon im 15. Jahrhundert eine Badstube,
welche dann bis in die erste Hälfte des
17. Jahrhunderts Eigentum der Kircheu-
sabrik war. Zur Förderung der Frömmig-
keit trug namentlich das Frauenkloster viel
 
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