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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 35.1914-1915

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Servaes, Franz: Lebendige Kunst und tote Sammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7013#0032

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Lebendige Kunst und tote Sammlungen.

PROFESSOR E. R. WEISS BERLIN.

»STILLEBEN MIT QUITTEN«

Bedingungen beschaffen sein müssen, damit das
Kunstwerk seine Lebenskraft offenbare. Hier-
über wurde das Richtunggebende bereits ge-
sagt. Es ist einfach und typisch genug, um von
jedermann verstanden werden zu können. In
seiner Anwendung freilich ist es unendlich
mannigfaltig und individuell und verlangt in je-
dem Einzelfalle eines besonderen künstlerischen
Taktes. Man kann im Raum sehr beschränkt
sein und dennoch die Fähigkeit besitzen, Kunst-
werke so zueinander zu ordnen und durch ihre
Umgebung derart günstig zu beeinflussen, daß
sie aufblühen wie Blumen in der Sonne und
gleichsam munter miteinander plaudern wie

Schulmädchen in der Zwischenpause. Wer
Gefühl für die Individualität jedes einzelnen
Kunstwerkes hat, wird dies instinktmäßig tref-
fen, etwa wie er bei einem Diner diejenigen
Leute zusammenladet und nebeneinander setzt,
die sich gegenseitig etwas zu sagen haben. Ge-
lingt dieses, so bedeutet es für die Beteiligten
eine fühlbare Erhöhung der Lebenshaltung, man
könnte auch sagen, eine fortwährende Anfeue-
rung des guten Gewissens. Denn es ist eine
Eigentümlichkeit der Kunstwerke, die wir in
unser Herz geschlossen haben, daß sie uns in
unserer Eigenart rechtfertigen und bestätigen.
— Das alles spricht also dafür, daß man wenige

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