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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 35.1914-1915

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R.: Ein Gutshof von Emanuel von Seidl
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https://doi.org/10.11588/diglit.7013#0065

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EMANDEL VON SEIDL—MÜNCHEN.

»GUTSHOF MERBERICH, LANGER WEHE«

EIN GUTSHOF VON EMANUEL VON SEIDL.

Die Zeiten haben sich geändert, in denen
der Architekt sich in der Hauptsache als
„Fassaden"künstler fühlte, wozu er fein säuber-
lich auf den Schulen erzogen wurde.

Zwei Wege haben zu einer neuen Entwick-
lung geführt: die Erkenntnis des Wertes der
„alten bodenständigen" Bauten und das Be-
dürfnis nach Komfort, wodurch sich eine Reihe
von technischen und kulturellen Fortschritten
ergab und ein Studium der Errungenschaften des
englischen Wohnhausbaues veranlaßt wurde.

Meister Seidl hat in seinem Elternhaus nur
Praktisches und Gutes gesehen und in sich auf-
genommen — war doch sein Vater bekannt-
lich ein einfacher Bäckermeister, einer der
ersten, der wieder alte Gegenstände sammelte.
Seidl selbst war auch der erste, der nach einer
Studienreise durch England im Kunstgewerbe-
verein einen Vortrag über die dortigen Einrich-
tungen hielt, bei Protest aller Renaissanceier.

Das waren die Fundamente, auf die Seidl
seinen eigenen, den neuzeitlichen Anforderun-
gen entsprechenden Wohnhausstil schon früh-

zeitig baute, bevor noch die Begriffe Volkskunst
und Raumkunst sich auf ähnlicher Basis ent-
wickelten. Seidl ist fortschreitend stets in enger
Fühlung mit den modernen Anschauungen ge-
blieben und ist dabei doch immer unbeirrt seine
eigenen Wege gewandert. Er ist einer der we-
nigen Architekten, die zugleich malerisch und
plastisch zu empfinden und zu schaffen vermö-
gen, und beides in wortwörtlichem Sinne. Er mo-
delliert seine Häuser und überrascht durch die
Zusammenstellung und den Wechsel der Farben.

Wenn wir das Haus Merberich des Herrn
Edwin Hasenclever in Langerwehe näher be-
trachten, finden wir alle diese typischen Eigen-
schaften vertreten. Es stand vorerst ein altes
einfaches Gutshaus an der Baustelle. Zu den
unverputzten, geweißten Mauerflächen bekam
auch das neue Haus die alte Ziegeldachung.
Ein Vorhof wurde eingefügt und bis an die
Weiherkante ausgedehnt. Die Gartenseite
trägt einen heiteren, selbständigen Charakter.
Das Ganze ist ein Meisterwerk in Grundriß und
Aufriß. Und wie harmonisch sind die Innen-

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