HEINRICH VOGELER-WORPSWEDE.
Wahrscheinlich wäre es nützlich, einmal zu
berichten, wie es der Malerstätte Worps-
wede ergangen ist, seit das Interesse ihrer
meisten Freunde erlahmte und sich späteren,
größeren Erregungen der Kunstgeschichte zu-
wandte. Nur steht zu befürchten, daß viele
es ablehnen werden, überhaupt an etwas zu
denken, was als so vielfach verschrien, miß-
braucht und verfallen in ihrer Vorstellung steht
wie der Name Worpswedes. Auch mir liegt es
ferne, schon jetzt einen geschichtlichen Kom-
promiß herbeiführen zu wollen. Da es viel-
mehr meine Absicht ist, zu berichten, versteht
es sich, daß dadurch von selbst vieles berich-
tigt wird. Es gab Zeiten, wo man Barock nicht
verstand, wo barock dasselbe war wie pöbel-
haft, dekadent. Verhältnismäßig spät hat man
den hohen Wert der barocken Architektur er-
kannt, und von seiner eigentlich schönsten und
innerlichsten Seite kennt man das Barock erst
seit jüngster Zeit. — Das soll nur andeuten,
daß Worpswede der deutschen Kunst nicht
nur einmal etwas gewesen ist, sondern daß
es sich auch große, innerliche Persönlichkeits-
werte bewahrt hat bis heute, trotz Kitsch
und Surrogat. — An der Erneuerung des künst-
lerischen Geistes, zu der Worpswede einst
manchen Baustein gab, ist der Worpsweder
Maler, von dem man die altertümlichste Vor-
stellung hat, noch heute werktätig beteiligt.
Er ist nicht stehen geblieben, sondern schritt
freudig mit der Entwicklung. Es ist einleuch-
tend, daß bei seiner persönlichen Tradition und
seinem vertieften Naturgefühl auch etwas dabei
herauskam, wie es besonders das Beispiel
Heinrich Vogelers erweist.
Vielfach hat man seine Kunst unter den
Begriff „Literaturmalerei" gestellt. Es war
ein voreiliges und befangenes Urteil. Anderer-
seits huldigten ihr seine Biographen, wurden
aber weniger der ernsten Realität des Werkes
gerecht, als daß sie sich berufen fühlten, den
19U/15. III. a.
199
Wahrscheinlich wäre es nützlich, einmal zu
berichten, wie es der Malerstätte Worps-
wede ergangen ist, seit das Interesse ihrer
meisten Freunde erlahmte und sich späteren,
größeren Erregungen der Kunstgeschichte zu-
wandte. Nur steht zu befürchten, daß viele
es ablehnen werden, überhaupt an etwas zu
denken, was als so vielfach verschrien, miß-
braucht und verfallen in ihrer Vorstellung steht
wie der Name Worpswedes. Auch mir liegt es
ferne, schon jetzt einen geschichtlichen Kom-
promiß herbeiführen zu wollen. Da es viel-
mehr meine Absicht ist, zu berichten, versteht
es sich, daß dadurch von selbst vieles berich-
tigt wird. Es gab Zeiten, wo man Barock nicht
verstand, wo barock dasselbe war wie pöbel-
haft, dekadent. Verhältnismäßig spät hat man
den hohen Wert der barocken Architektur er-
kannt, und von seiner eigentlich schönsten und
innerlichsten Seite kennt man das Barock erst
seit jüngster Zeit. — Das soll nur andeuten,
daß Worpswede der deutschen Kunst nicht
nur einmal etwas gewesen ist, sondern daß
es sich auch große, innerliche Persönlichkeits-
werte bewahrt hat bis heute, trotz Kitsch
und Surrogat. — An der Erneuerung des künst-
lerischen Geistes, zu der Worpswede einst
manchen Baustein gab, ist der Worpsweder
Maler, von dem man die altertümlichste Vor-
stellung hat, noch heute werktätig beteiligt.
Er ist nicht stehen geblieben, sondern schritt
freudig mit der Entwicklung. Es ist einleuch-
tend, daß bei seiner persönlichen Tradition und
seinem vertieften Naturgefühl auch etwas dabei
herauskam, wie es besonders das Beispiel
Heinrich Vogelers erweist.
Vielfach hat man seine Kunst unter den
Begriff „Literaturmalerei" gestellt. Es war
ein voreiliges und befangenes Urteil. Anderer-
seits huldigten ihr seine Biographen, wurden
aber weniger der ernsten Realität des Werkes
gerecht, als daß sie sich berufen fühlten, den
19U/15. III. a.
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