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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 35.1914-1915

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Jaumann, Anton: Architektonische Schönheit: Zu den Bauten von Architekt Heinrich Straumer, Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7013#0247

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Architektonische Schönheit.

ARCHITEKT HEINRICH STRAUMER—BERLIN. LANDHAUS H. HARKORT—DAHLEM. TURDRUCKER IN BRONZE.

Poesie, dabei aber weltmännisch elegant, sauber
und straff in der Gesamterscheinung. Wie leicht
wirken doch diese frisch und energisch kon-
turierten Massen. Die Mauern erscheinen nie
dicker und schwerer, als sie tatsächlich sind,
ganz im Gegensatz zu vielen „modernen" Land-
häusern, deren geputzte Wände wie aus Granit
gemeiselt erscheinen.

Die Abneigung gegen die alleinseligmachende
Zeichnung bringt es mit sich, daß die Weikstoffe
und die handwerklichen Techniken eine erhöhte
Bedeutung gewinnen. Für derbe zimmermanns-
mäßige Holzkonstruktion scheint Straumer eine
besondere Vorliebe zu haben, wie außer anderm
die Frohnauer Holzbrücke beweist, die so trutzig
gefügt ist wie der Wehrgang einer mittelalter-
lichen Stadt. Er hat weiter eine Vorliebe für
die altmodische spröde Zierlichkeit weißen
Stucks, für kunstreiche Schmiedearbeit, für kräf-
tige, holzmäßige Schnitzerei. Jedes Ding und
jedes Stück Arbeit sei, das scheint sein Prinzip,
mit Liebe gemacht, sonst bleibe es lieber weg.
Die kahle Ziegelwand ist immer noch schöner
als eine seelenlose Musterung.

Straumer ist zuerst in weiteren Kreisen
bekannt geworden durch seine schlichten billi-
gen Landhäuser, die er in verschiedenen Vor-
orten von Berlin errichtet hat. Das Haus
Goldschmidt in Großlichterfelde ist

ein Beispiel aus dieser Gruppe, es zeigt diese
leichte knappe Konturierung, die frische Sauber-
keit, die aus der Zusammenstellung von rotem
Mauerwerk und weißem Putz entsteht. An-
klänge an das englische Landhaus sind noch
vorhanden. Demgegenüber offenbart das eben
vollendete Haus Harkort am Roseneck in
Dahlem, wo Straumer eigentlich hinauswill.
Die saubere, straffe Form mit all den gesunden,
rationellen Details soll noch mehr deutsche
Phantasie aufnehmen, um, wo es sich wie hier
um größere, reichere Bauten handelt, wieder
den guten alten Typ des Herrenhauses zu ge-
winnen. Die Stimmung, der Gesamtcharakter
ist es, was uns solche Bauten sofort, auch
wenn jedes Detail an ihnen neu, bekannt und
vertraut anmuten läßt. Da ist nichts mehr ar-
tistisch, nichts ist gewaltsam, nirgends drängt
sich der Architekt vor. Das Haus scheint sich
seine Form selbst gegeben zu haben, darum ist
es schlechthin ein Haus, ein Herrenhaus.

Der Schmuck ist, wie nur recht und billig,
auf einige bevorzugte Bauteile beschränkt, auf
ein Portal, einen Erker, ein reicheres Fenster,
eine Veranda. Aber der wenige Schmuck
wurde dafür außerordentlich reizvoll behandelt,
da ist nichts gefühllose Firmenarbeit, die Ar-
beiten in Muschelkalk und Schmiedeeisen sind
so lebendig, wie unmittelbar aus Künstlerhand

W14/15. III. 5.
 
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