DOI Artikel:
Servaes, Franz: Der Krieg und der Kunstmarkt
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.7013#0365
PROFESSOR FRANZ METZNER.
PLASTIK »MANNLICHER TORSO«
DER KRIEG UND DER KUNSTMARKT.
VON FRANZ SERVAES.
In Kriegszeiten gibt es scheinbar nichts Über-
flüssigeres als die Kunst. In der Tat, man
kann mit Kunstwerken keine Menschen töten,
man kann sie höchstens als Schutzwehr be-
nützen, um Batterien dahinter aufzufahren. Und
wenn sie daraufhin entzwei geschossen werden,
kann man ein heuchlerisches Geschrei verführen
und den Gegner der Kulturbarbarei bezichtigen.
Trotzdem wird man nicht behaupten mögen,
daß dieses die einzige Verwendung von Kunst-
werken sei, innerhalb jener Aera der allgemei-
nen Zerstörung, als die der Krieg sich darstellt.
Ich kann mir sogar denken, daß es Menschen
gibt, die aus den Schrecknissen dieser Zeit mit
ganz besonderer Inbrunst zur Kunst hinflüchten,
wie zu einer stillen und heiligen Kapelle der
Seele. Wer die Kunst wahrhaft liebt, dem
wird sie in Epochen der Bedrängnis und Ver-
zweiflung doppelt teuer. Es kommen Stunden
— vielleicht seltene nur, aber sie kommen —
wo man die Seele einmal gänzlich sammeln,
von allen Zeitereignissen abkehren und wo
nicht im Religiösen, so doch zum mindesten im
Kulturellen mit Entschiedenheit festhalten will.
Also über den Wert der Kunst, grade in den
Zeiten, die wir jetzt durchleben, ist garnicht zu
streiten. Es kommt freilich auf den Einzelnen
an, wie hoch in jedem Falle dieser Wert sei.
Vielleicht haben wir hier einen empfindsamen
Kulturbarometer. Wer auch in Not und Gefahr
an der Kunst nicht untreu wird, dem bedeutet sie
einen wahrhaften Lebenswert und die Queck-
silbersäule seines Kulturempfindens steht sehr
hoch. Wem die Kunst aber jetzt nichts mehr zu
bedeuten vermag, wem sie vielleicht gar nur als
Phrase, als Gerümpel, als Störendes erscheint,
der sehe lieber garnicht nach, wie tief der Zeiger
seines Kulturstandes gesunken ist.
343
PLASTIK »MANNLICHER TORSO«
DER KRIEG UND DER KUNSTMARKT.
VON FRANZ SERVAES.
In Kriegszeiten gibt es scheinbar nichts Über-
flüssigeres als die Kunst. In der Tat, man
kann mit Kunstwerken keine Menschen töten,
man kann sie höchstens als Schutzwehr be-
nützen, um Batterien dahinter aufzufahren. Und
wenn sie daraufhin entzwei geschossen werden,
kann man ein heuchlerisches Geschrei verführen
und den Gegner der Kulturbarbarei bezichtigen.
Trotzdem wird man nicht behaupten mögen,
daß dieses die einzige Verwendung von Kunst-
werken sei, innerhalb jener Aera der allgemei-
nen Zerstörung, als die der Krieg sich darstellt.
Ich kann mir sogar denken, daß es Menschen
gibt, die aus den Schrecknissen dieser Zeit mit
ganz besonderer Inbrunst zur Kunst hinflüchten,
wie zu einer stillen und heiligen Kapelle der
Seele. Wer die Kunst wahrhaft liebt, dem
wird sie in Epochen der Bedrängnis und Ver-
zweiflung doppelt teuer. Es kommen Stunden
— vielleicht seltene nur, aber sie kommen —
wo man die Seele einmal gänzlich sammeln,
von allen Zeitereignissen abkehren und wo
nicht im Religiösen, so doch zum mindesten im
Kulturellen mit Entschiedenheit festhalten will.
Also über den Wert der Kunst, grade in den
Zeiten, die wir jetzt durchleben, ist garnicht zu
streiten. Es kommt freilich auf den Einzelnen
an, wie hoch in jedem Falle dieser Wert sei.
Vielleicht haben wir hier einen empfindsamen
Kulturbarometer. Wer auch in Not und Gefahr
an der Kunst nicht untreu wird, dem bedeutet sie
einen wahrhaften Lebenswert und die Queck-
silbersäule seines Kulturempfindens steht sehr
hoch. Wem die Kunst aber jetzt nichts mehr zu
bedeuten vermag, wem sie vielleicht gar nur als
Phrase, als Gerümpel, als Störendes erscheint,
der sehe lieber garnicht nach, wie tief der Zeiger
seines Kulturstandes gesunken ist.
343