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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 35.1914-1915

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R. Br.: Anton v. Werner und Gotthard Kuehl
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https://doi.org/10.11588/diglit.7013#0386

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I

Anton v. Werner f und Gotthard Kuehl f.

WALTHER KLEMM WEIMAR.

die einem einen Mann verraten, dem niemals
ein Funken heiligen Feuers die Seele glühend
machte. Ohne innere Erschütterung malte er
die Stiefel der Kanoniere, aber auch die Ange-
sichte der bedeutenderen Männer seiner Tage.
Ihm fehlte jede Naivität, darum war er im
Grunde undeutsch. Nichts ist falscher, als ihn
für eine typisch berlinische Erscheinung zu
halten. Berlin, das ist: Chodowiecki, Menzel,
Liebermann. Werner war ein ohnmächtiger
Nachkömmling der repräsentativen Feudalfabri-
ken der Romanen; Meissonier ist sein direkter
Vorgänger gewesen. Es kennzeichnet seinen
Mangel an Einsicht, daß Werner trotz seiner
fast peinlichen Abhängigkeit von Frankreich
die Kunst eines Manets nicht verächtlich genug

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lithographie »kirchgang in dachau«

machen konnte. Wie viel sicherer war dagegen
der Malinstinkt des Gotthardt Kuehl. Der Lü-
becker, der in dem dämmerigen Gassengewinkel
und der dunstigen Meerluft seiner Heimatstadt
den Holländern nahe gekommen war, wußte zu
begreifen, daß die gute Tradition der Vermeer
und Terborch durch die französischen Meister
des neunzehnten Jahrhunderts gepflegt und ent-
wickelt wurde. Waren die Bilder Kuehls an-
fangs mehr intim und schlicht, wie die Tafeln
jener ersten bürgerlichen Maler, so wurden sie
später flüssig und schwelgend, gleich den Mei-
sterwerken jener großen Franzosen, die den
Holländern die Erfüllung brachten. Wobei frei-
lich beachtet werden muß, daß Kuehl niemals
an seine geliebten Vorbilder herankam, r. br.
 
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