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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 43.1918-1919

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Jaumann, A.: Pflicht zur Kühnheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.9119#0108

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LILLI JACOBSEN—WIEN.

KERAMIK »GESCHMACK«

PFLICHT ZUR KÜHNHEIT.

Wo Freiheit des Schaffens gegeben, wo die
Mittel nicht zur Einschränkung und Be-
rechnung zwingen, wo der Auftraggeber aufge-
klärt und frei von Vorurteilen, da ist es Pflicht,
kühn zu sein, das Außerordentliche, das Neue
zu wagen. Hier oder nie müssen die Keime des
wunderbar Schönen aufgehen. Wer solchen Fall
ungenutzt vorübergehen läßt, nur auf bequemen
Gleisen mühelos das längst Gewohnte wieder-
holt, der verdient nicht den Namen Künstler.

Es ist nicht wahr, daß alter Reichtum zurück-
haltend ist und unter allen Umständen das

bewährte Alte, das „Gediegene" und „Ruhige"
unterstützt. Alte Kultur ist sich des rechten
Geschmacks so sicher, daß sie auch Neues wa-
gen und Künstlerversuche unterstützen kann.

Wo ist der Wagemut der Künstlergeneration
um die Jahrhundertwende hingeflohen? Man
hat damals manche Böcke geschossen, aber man
hat Großes angestrebt und ist den stärksten
Wirkungen nahegekommen. Die jetzt geübte
Vorsicht bewahrt zwar vor Angriffspunkten und
Entgleisungen, ist dem Erwerb günstiger. Der
Gewinn für den künstlerischen Fortschritt ist
 
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