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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 43.1918-1919

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Kurth, Willy: Deutsche Malerei im 19. Jahrhundert: Sonder-Ausstellung der Galerie Arnold, Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.9119#0225

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Deutsche Malerei im ig. Jahrhundert.

WALTER LEISTIKOW t 1908. BERLIN.

GEMÄLDE »GRADER TAG IN GRUNHEIDE«

warm und kalt, wie drei schöne Studien deut-
lich zeigen, von denen der Weidenbaum am
Teich des Berliner Tiergartens besonders er-
wähnt sei (Abb. S. 209). Stilles Wasser, hängende
Laubmassen, die mit sonnendurchleuchteten
Blättern auf dunkelblauem Grün wie goldene
Tropfen in das Wasser träufeln; ein voller tiefer
Farbklang, der nicht dem Motiv allein ent-
nommen ist, sondern von einem stark verlan-
genden Gefühl für Romantik gefordert wird.
Menzels unbestechlicher Sinn für Wahrhaftigkeit
betont in dem wundervollen „ Garten des Justiz-
ministeriums "(1848, Bremer Kunsthalle) in blen-
dender Schärfe die Einheiteines Sonnenraumes,
in den nur die geistige Energie Menzel alle
Valeurs der Baum- u. Grasgrüne ohne jeden ver-
wischenden Stimmungswert eintragen konnte.
Noch mehr ist diese Leidenschaft, vieles zu einer
malerischen Einheit zusammenzuzwingen, in der
Ansicht des Berliner Kreuzbergs (1847, Mär-
kisches Museum Abb. S. 221) zu bewundern.
Die alles aufraffende Energie Menzels spielt
hier noch mit der Fülle der Nuancen von kalten
und warmen Tönen mit einer fast mutwilligen
Leichtigkeit, die späteren Werken bei gleicher

Absicht oft fehlte. Zwölf Menzel füllen eine
Wand; darunter „Der Künstler mit seinen Ge-
schwistern im Atelier" 1848, ein Hauptwerk
jener Frühperiode, die heute als die freieste in
der Entwicklung Menzels gewertet wird. Die
Einheit dieses Raumes, der ohne jede perspek-
tivischen Momente ganz aus der Einheit einer
gedeckten warmen Zimmerluft entsteht, bringt
auch die seelische Einheit dieser Geschwister-
gruppe so stark zur Wirkung, ohne daß auch
nur ein sentimentales Motiv anzutreffen wäre.
Aus der Düsseldorfer Periode von Knaus fällt
die „Rauferei" von 1851 auf. Was bis dahin
allen Schulen Niederdeutschlands fremd war,
die Schönheit der Einzelfarbe, aufgenommen
von einem abgetönten Ensemble, tritt hier unter
dem Einfluß der Münchener Schule zum ersten-
mal auf. Das malerische Gefühl eines Dahl,
Blechen, Wasmann, Menzel, das von einem er-
lebnisstarken Natureindruck ausging, wird die
Angelegenheit eines höchst kultivierten und
ordnenden Geschmakes, der an alten Meistern
sich geschult hat. —

In München selbst ist eine höhere und freiere
Sinnlichkeit mit jenem Programm stets verbun-

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