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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 43.1918-1919

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Riemerschmid, Richard: Leitsätze zur D.W.B.-Ausstellung in Kopenhagen: Vorwort zum Ausstellungs-Verzeichnis
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https://doi.org/10.11588/diglit.9119#0265

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PAUL SCHEURICH—BERLIN.

PORZELLAN-PLASTIK »RUHENDE«

LEITSÄTZE ZUR D.W.B.-AUSSTELLUNG IN KOPENHAGEN.

VORWORT ZUM AUSSTELLUNGS-VERZEICHNIS.

Daß unsere Zeit glaubt, zwischen „hoher,
freier Kunst" und „Kunstgewerbe", zwi-
schen „zweckfreier" und „angewandter" Kunst
einen wesentlichen Unterschied machen zu
müssen und machen zu können, das gibt ein
unerfreuliches Zeugnis davon, wie befangen
und fremd wir heute diesen Dingen gegenüber-
stehen. Was ist denn bildende Kunst? Was
anders als: Kraft, aus den bildenden Händen
Dinge, Werke hervorgehen zu lassen, die be-
seelt sind, die mit ihren Formen und Farben
„die Sprache des Unaussprechlichen" reden;
Dinge, die ihre Gleichgültigkeit abgelegt haben,
liebenswert geworden sind. Ob zweckfrei oder
zum Gebrauch bestimmt, ob edelstein-beschwer-
tes Schmuckstück oder besticktes Kopftuch,
mächtiger Dom oder bescheidene Hütte, Schloß
oder Fabrikbau oder Bild oder Statue, was hat
das alles dabei zu tun? So viel als von jener
Kraft hineingebaut ist, so viel Kunst hat mit-
gewirkt, das gibt das Maß.

Es liegt ein wertvoller Fortschritt darin, daß
in den letzten Jahrzehnten diese Zusammen-
hänge vielfach wieder klar erkannt worden

sind. Aber noch wichtiger als die Erkenntnis
ist es, wieder zur unbefangenen, ungekünstelten
Ausübung einer solchen Auffassung zu gelangen,
nicht durch vergebliche Bemühungen, aus gä-
renden wirren Zuständen den Weg in glückliche
Kinderzeiten zurückzufinden, sondern durch
entschlossenes Hinüberschreiten in ein klareres,
besonnenes Mannesalter der Kunst.

Was wir in Kopenhagen zeigen, kann keine
Vollständigkeit anstreben. Wir müssen uns in
eng gezogenem Rahmen mit einer Reihe von
Beispielen und Andeutungen begnügen und uns
damit abfinden, daß die Schwierigkeiten der
Zeit manche Lücken nicht ausfüllen lassen.
Immerhin hoffen wir und glauben wir, daß Ernst
und Folgerichtigkeit im vielseitigen Streben
ersichtlich werden, und daß gewachsene Zu-
sammenhänge von der Ausdrucksweise der
Malerei und Bildnerei bis hinüber zu den For-
men, Linien und Farben von Massenerzeug-
nissen erkennbar werden, ein Kreislauf nähren-
der Säfte, der glückliche Folgen bringen wird
für das Gedeihen des Ganzen. —--— —

PROFESSOR RICHARD RIEMERSCHMID—MÜNCHEN.
 
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