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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

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Michel, Wilhelm: Die Münchener Neue Secession 1927
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https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0013

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DIE MÜNCHENER NEUE SECESSION 1927

Voriges Jahr überdachte der Glaspalast ein
einheitlichzusammengehendesKünstlervolk.
Diesmal ist man wieder gesonderte Wege ge-
gangen. Die Neue Secession hat wieder ihren
eigenen Eingang, ihren eigenen Katalog und
Eintrittspreis. Von diesen drei Reservaten ist
der Eingang das schönste. Da liegt der alte
botanische Garten als eine herrliche grüne und
beblumte Oase, eine Minute vom lärmenden
Stachusplatz, drei Minuten vom brausenden
Bahnhofsplatz; ein abgeschlossenes, ewig hei-
teres Stück Garten, in den man früher so oft
voller Sehnsucht aus der Bilderwüste des Glas-
palastes hinaussah, durch den schmalen Spalt
der Notausgänge, die gerade einen Streifen Gold
und Grün, Sonnenlicht und Rasen mit fröhlichen
Ruhebänken sichtbar werden ließen. Jetzt darf
man sich drinnen ergehen, man kann holde,
warme Sonne schlürfen, ruhen und träumen
und Mensch sein, ehe man sich als kritischer
Leu wieder in den gewaltigen Kunstkäfig begibt.
Ob nicht der ganze Glaspalast gut täte, seinen
Haupteingang oder wenigstens einen fakultativen
Eingang nach der Gartenseite zu verlegen?
— Im übrigen muß man der Neuen Secession

zugestehen, daß die geistige Haltung ihrer Aus-
stellung den eigenen Eingang rechtfertigt. Sie
hat es verstanden, ein Etwas an secessio-
nistischer Kunstgesinnung zu wahren. Worunter
man zu verstehen hat, daß eine sympathische
Atelier-Atmosphäre herrscht, ein Umwerben
künstlerischer Probleme ohne Rücksicht auf den
großen Markt und das Publikum. Das ist an-
genehm; um so angenehmer, als die Alte Seces-
sion immer mehr von einem anderen Geiste
durchdrungen wird, der Rücksichten auf Altge-
wordene, auf Repräsentation, auf manieristische
Selbstnachahmung und sonstige Durchbrech-
ungen der eigentlichen künstlerischen Gesin-
nungsstrenge zu nehmen weiß. Die Neue Seces-
sion fährt fort, ihre Funktion als Eckpfeiler des
linken Flügels der Münchener Künstlerschaft
zu erfüllen; trotz der Beruhigung, die längst
auch bei ihr platzgegriifen hat, zumal ja der
künstlerische Augenblick keinerlei Stichwort zu
stürmischer Gebahrung gibt.

Als ein geschlossener und sehr umfangreicher
Sonderkörper tritt in dieser Ausstellung eine
Kollektion vonWerkenThomasTheodor Heines
auf. Man verfolgt an Hand dieser Darbietung,

XXXI. Oktober 1927. 1
 
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