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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

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Koch, Alexander: Zum 40 jährigen Jubiläum der Verlagsanstalt Alexander Koch, Darmstadt: vom Herausgeber
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https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0262

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Alexander Koch's 40jähriges Berufs-Jubiläum

kunstgewerblicher Ausstellungen und der
Sache des schönen, behaglichen Heims einige
Dienste leisten konnte, so gehen die Anfänge
dieser Betätigung auf jene Kritik und Freude
am Schaufenster-Arrangement zurück.

Im übrigen mag die Angabe genügen, daß ich
in ständiger Fühlung mit geschmacklichen Pro-
blemen blieb, und daß ich schließlich, als Sechs-
undzwanzigjähriger, durch meine Verheiratung
mit einer Tochter des Darmstädter Tapeten-
fabrikanten Carl Hochstaetter auf das Feld
der Tapetenbranche gezogen wurde.

Es erging mir hier, wie es mir bis dahin noch
in jedem Wirkungskreise ergangen war: ich fand
sofort eine Möglichkeit, ja sogar eine Notwen-
digkeit zu eigener neuschöpfender Betätigung.
Um mich in meinem neuen Beruf möglichst
schnell einzuarbeiten, hegte ich den Wunsch,
mich in Dingen der Tapete rasch und gut zu
unterrichten. Aber als ich nach geeigneter Lite-
ratur suchte, ergab sich, daß auf diesem Gebiete
kein einziges Fachblatt vorhanden war. Zugleich
ergab sich, daß die ganze Tapetenbranche unter
geradezu unglaublichen Mißständen litt, daß
von einer geordneten kaufmännischen Kalku-
lation, von einer Organisation des Handels keine
Rede war. Es herrschte auf dem ganzen Gebiet
anarchische Unordnung. So entschloß ich mich
im Januar 1888 kurzerhand zur Herausgabe
einer „Tapeten-Zeitung", die jenem Mangel
eines Fachblattes abhelfen, aber auch zum
Werkzeug einer großen Organisation des Ta-
petenhandels und der Tapetenfabrikation wer-
den sollte. Beide Absichten gelangen. Erst
kam der „Verein der Tapetenfabrikanten" zu-
stande, dann der „Hauptverein deutscher Ta-
petenhändler", und beide haben in den langen
Jahren ihres Bestehens äußerst segensreich ge-
wirkt. Sie haben viele Auswüchse in der Branche
beseitigt, haben Wesentliches zu ihrer wirt-
schaftlichen Gesundung beigetragen und ihr jene
geachtete Stellung gegeben, die sie heute ein-
nimmt. Aber auch als Verlagsunternehmen er-
wies sich die „Tapeten-Zeitung" als lebensfähig.

Wenn man seinen Blick schärft, kann man
ganz genau diejenigen Verlagsunternehmen, die
von einer volleingesetzten und leidenschaftlich
beteiligten Persönlichkeit getragen sind, unter-
scheiden von anderen, die mehr Angestellten-
arbeit sind, oder in denen der Unternehmer
sich nicht voll und restlos auswirkt. Es muß
ein Mensch in seine Arbeit das ihm mögliche
Maximum vonLiebe und Interesse hinein-
geben; nur dann ist sie lebendig. Ein anderer
mag ihm an Gaben überlegen sein, das verschlägt
nichts. Es bleibt das Grundgeheimnis des Er-
folges: Nur voller Einsatz bringt vollen Ertrag!

Ich darf von mir sagen, daß ich meine sämt-
lichen Verlagsunternehmungen mit derselben
Gesinnung betreibe, mit der ein anderer einen
Sport, eine Kunst oder das Sammeln betreibt.
Ich mache sie für mich selbst.

Leicht ist es zu verstehen, daß mein Blick
sehr bald von der Tapete zum Ganzen des
Innenraums weiter wanderte. Die Tapete
betraf die Wand, sie war nur ein Bestandteil,
sie hatte nur Sinn und Wert in Beziehung auf
eine Raumgesamtheit. Wie stand es aber um
die Leistungsfähigkeit der Raumkunst und um
ihre Pflege? Auch da machte sich alsbald eine
Lücke bemerkbar. Wohl bestanden in München
und Leipzig seit einer Reihe von Jahren kunst-
gewerbliche Zeitschriften, die sich bestrebten,
dem deutschen Kunsthandwerker mustergültige
Erzeugnisse früherer Jahrhunderte vorzuführen.
Das Programm dieser Zeitschriften erwies sich
in doppelter Hinsicht als unzulänglich. In jenen
Jahren begann man des kopistischen Herum-
wühlens in den historischen Stilen geradezu über-
drüssig zu werden. Alle Vergangenheit war
sattsam durchforscht. Man begriff endlich, daß
sich unter dem bunten Wechsel der historischen
Kostüme, die man nacheinander überwarf und
ablegte, eine grenzenlose Armut und Langeweile
verbarg. Der Kunslgewerbler hungerte nach
etwas Neuem, nach Formen, die der Gegen-
wart angehörten, die unserem Geist, unseren
Bedürfnissen und Möglichkeiten entsprachen.

Diesem Bedürfnis versagten sich jene Zeit-
schriften vollständig. Auf der anderen Seite
leisteten sie aber auch nichts für die Verbrei-
tung einer neuen Kunstgesinnung im Publi-
kum. Sie taten nichts für die Belebung des
Absatzes, sie führten dem Künstler nicht
jene große geistige und materielle Unter-
stützung zu, die in einer verständnisvollen,
auf eigenes Urteil gegründeten Teilnahme des
Volkes liegt.

Diesen Mängeln nun dachte ich durch eine
eigene Gründung abzuhelfen. Ich rief im Jahre
1890 die Zeitschrift „Innen-Dekoration" ins
Leben. Sie sollte auf der einen Seite dem Kunst-
handwerk von allem Guten neuer raumkünstle-
rischer Produktion das Beste in Wort und Bild
vorführen. Sie sollte andererseits das Publikum
unausgesetzt über die Segnungen unterrichten,
die in einem behaglich und geschmackvoll ein-
gerichteten Heim liegen; Segnungen, die sich
auf die Schaffenskraft und Leistungsfähigkeit
im Beruf, auf Geistes- und Herzensbildung, auf
ein glückliches Familienleben, auf einen höheren,
formvolleren Lebensstil erstrecken.

Diesem doppelten Bestreben ist im Laufe der
Jahrzehnte ein Erfolg zuteil geworden, der
 
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