JVeue Keramik von Vally Wieselthier
sinnig wie ein Schmetterling und fröhlich wie
ein Kinderlächeln. Daraus kommen Figuren,
die ganz unbeschwert von Geist, aber eine ein-
zige Lustigkeit von Farben und neckischen For-
men sind, putzig angezogen mit irgend einem
mutwilligen Ornament und aufs freundlichste
bereit, zu jeder Blatt-
pflanze oder Blume,
die ihnen in den Weg
kommt, „Du" zu sa-
gen. Dieser Kunst
fehlt es nicht an
Ernst, wohl aber an
Schwere. Ihre Grazie
stammt geradeswegs
von der Grazie der
Blumendolden und
der im Wind schwin-
genden Ranken ab.
Das Jenseits des Gei-
stes und seiner be-
denklichen Beglei-
ter Wille, Vernunft,
Ethos, Ich ist für sie
erreicht; daher ist
es eine Anmut ohne
Hemmung, ohnePose
und Ziererei. — Noch
in den Kamin-Ent-
würfen von Vally
Wieselthier kann
man sehen, daß diese
Kunst gleichsam un-
willkürlich daher-
kommt. Der augen-
blickliche, rasch skiz-
zierte Einfall ist ihre
Ausdrucksform, eine
immer präsente Or-
namentik, eine nie
um Auskunftsmittel
verlegene Fähigkeit,
zu arrangieren, zu
putzen und alle Ein-
zelheiten plauderhaft
zusammenzufügen.
Ja, eine einzige, lie-
benswürdige Cause-
rie ist Vally Wiesel-
thiers Kunst, voll des
Reizes einerzurWelt-
anschauung gewor-
denen Oberflächlich-
keit. Alles ist Gegen-
wart , Augenblick;
Geist, Geschichte,
Logik sind überwun-
alice ehmann—wien. »keramik« ca. 70 cm h.
den. Es gibt in der Kunst unsrer Tage nichts,
was weiblicher wäre als das Schaffen von
Vally Wieselthier. Die sitzende Figur, die hier
abgebildet ist, könnte eine Allegorie von
Vally Wieselthiers Kunst sein: völlig eingebet-
tet, ja eingeschmolzen in das pflanzliche Leben,
höher an Form, doch
im Geist, ihm völlig
gleich, sodaß die le-
bendige Ranke, die
ihr um die Wangen
fällt, ihren natür-
lichen , einzig mög-
lichen und völlig zu-
treffenden Schmuck
bildet.......h.k.
»
Wie steht es mit
jenen „Künst-
ler-Naturen",
deren es neuerdings
so viele gibt, die mit
vielTalent, aberohne
inneren Beruf, ein
zweideutiges Dasein
fristen? Es sind sol-
che, die ihr geisti-
ges Zentrum nicht
zu finden wissen, de-
nen es mindestens an
Wahrhaftigkeit sich
selbst gegenüber, an
Überblick und Urteil
fehlt. Als Menschen
sind sie undeutlich,
moralisch meist min-
derwertig, dem Le-
ben gegenüber hilf-
los, unfähig zur Kon-
zentration — das
haben sie schließlich
mit manche m Meister
gemein. Denn wer
sich in Phantasie-
Gebilden darstellt,
hat leicht zur Realität
keinVerhältnis. Aber
der wahre Künstler
faßt sich eben in
seiner Schöpfung zu-
sammen. Dem hal-
ben gelingt das nicht.
Er kennt Momente
derErleuchtung, aber
den Augenblick kann
er nicht halten.....
dr. herm keyserling.
sinnig wie ein Schmetterling und fröhlich wie
ein Kinderlächeln. Daraus kommen Figuren,
die ganz unbeschwert von Geist, aber eine ein-
zige Lustigkeit von Farben und neckischen For-
men sind, putzig angezogen mit irgend einem
mutwilligen Ornament und aufs freundlichste
bereit, zu jeder Blatt-
pflanze oder Blume,
die ihnen in den Weg
kommt, „Du" zu sa-
gen. Dieser Kunst
fehlt es nicht an
Ernst, wohl aber an
Schwere. Ihre Grazie
stammt geradeswegs
von der Grazie der
Blumendolden und
der im Wind schwin-
genden Ranken ab.
Das Jenseits des Gei-
stes und seiner be-
denklichen Beglei-
ter Wille, Vernunft,
Ethos, Ich ist für sie
erreicht; daher ist
es eine Anmut ohne
Hemmung, ohnePose
und Ziererei. — Noch
in den Kamin-Ent-
würfen von Vally
Wieselthier kann
man sehen, daß diese
Kunst gleichsam un-
willkürlich daher-
kommt. Der augen-
blickliche, rasch skiz-
zierte Einfall ist ihre
Ausdrucksform, eine
immer präsente Or-
namentik, eine nie
um Auskunftsmittel
verlegene Fähigkeit,
zu arrangieren, zu
putzen und alle Ein-
zelheiten plauderhaft
zusammenzufügen.
Ja, eine einzige, lie-
benswürdige Cause-
rie ist Vally Wiesel-
thiers Kunst, voll des
Reizes einerzurWelt-
anschauung gewor-
denen Oberflächlich-
keit. Alles ist Gegen-
wart , Augenblick;
Geist, Geschichte,
Logik sind überwun-
alice ehmann—wien. »keramik« ca. 70 cm h.
den. Es gibt in der Kunst unsrer Tage nichts,
was weiblicher wäre als das Schaffen von
Vally Wieselthier. Die sitzende Figur, die hier
abgebildet ist, könnte eine Allegorie von
Vally Wieselthiers Kunst sein: völlig eingebet-
tet, ja eingeschmolzen in das pflanzliche Leben,
höher an Form, doch
im Geist, ihm völlig
gleich, sodaß die le-
bendige Ranke, die
ihr um die Wangen
fällt, ihren natür-
lichen , einzig mög-
lichen und völlig zu-
treffenden Schmuck
bildet.......h.k.
»
Wie steht es mit
jenen „Künst-
ler-Naturen",
deren es neuerdings
so viele gibt, die mit
vielTalent, aberohne
inneren Beruf, ein
zweideutiges Dasein
fristen? Es sind sol-
che, die ihr geisti-
ges Zentrum nicht
zu finden wissen, de-
nen es mindestens an
Wahrhaftigkeit sich
selbst gegenüber, an
Überblick und Urteil
fehlt. Als Menschen
sind sie undeutlich,
moralisch meist min-
derwertig, dem Le-
ben gegenüber hilf-
los, unfähig zur Kon-
zentration — das
haben sie schließlich
mit manche m Meister
gemein. Denn wer
sich in Phantasie-
Gebilden darstellt,
hat leicht zur Realität
keinVerhältnis. Aber
der wahre Künstler
faßt sich eben in
seiner Schöpfung zu-
sammen. Dem hal-
ben gelingt das nicht.
Er kennt Momente
derErleuchtung, aber
den Augenblick kann
er nicht halten.....
dr. herm keyserling.