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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

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Kuhn, Alfred: Aufgaben der Keramik
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https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0390

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Aufgaben der Keramik

FACHKLASSE DER MANUFAKTUR— BERLIN

ZIERBRÜNNEN »LANDSCHAFT«

die menschliche Kultur selbst, von neuem mit
künstlerischen Problemen zusammen zu bringen,
zumal gerade hier in der Vergangenheit Außer-
ordentliches geleistet worden ist, angefangen
bei den glasierten Ziegeln der alten Aegypter
und der Fayence-Architektur des persischen
Orients. Hier sind, insofern hohe Qualitäts-
arbeit geleistet wird, und nur darum kann es
sich handeln, bedeutende Exportmöglichkeiten
vorhanden, auf die Deutschland nicht verzich-
ten kann.

Auf der anderen Seite jedoch wird es gut
sein, sich über einiges klar zu werden: Wir
wollen ein „Kunstgewerbe", das wir langsam
zu überwinden beginnen, nicht wieder zum
Leben erwecken, d. h. wir wollen unsere Er-
findungsgabe, unsere Energie und unser Geld
nicht für „Nippes" anwenden. Zugegeben, daß
die Zukunft bestimmt nicht jener Sanatoriums-
Innenarchitektur gehört, wie sie vom Bauhaus
propagiert wird, zugegeben weiter, daß die
Extravaganzen eines Corbusier in weiterem
Umfang nicht nachgeahmt werden dürften, so
ist es doch sicher, daß so bald nicht wieder
jene breiten Volksmassen als Abnehmer von
Ziergegenständen in Frage kommen, wie bei-

spielsweise in den achtzigerund neunziger Jahren
des vorigen Jahrhunderts. Hat man doch damals
jedes Paneel mit Krüglein und Fläschlein voll-
gestellt, die doppelgeschossigen Büfetts und
Kredenzen im Renaissancestil mit Zierhumpen
und glasierten Tellern überladen, ja selbst die
Ecken durch eingeklemmte Eckbretter ausge-
wertet. Eine solche Zeit wird schon deshalb
nicht wiederkommen, weil die allgemeinen so-
zialen Verhältnisse sich grundlegend geändert
haben, große Wohnungen und Dienstboten nicht
in dem Maße mehr zur Verfügung stehen wie
ehemals, und die oft mitverdienende Hausfrau
nicht bereit sein wird, all die schönen Dinge
täglich selbst abzustauben. Es hat auch keinen
Sinn, Objekte, die wir selbst nicht wollen, für
den Export zu fabrizieren. Dies würde gerade-
zu an die Segnungen unserer Ausfuhr in unkul-
tivierte Länder erinnern, als wir Taschenspiegel,
Glasperlen und rote Schirme ins Innere von
Afrika brachten. Der Export, den wir heute
zu machen haben, soll neben seiner mate-
riellen Absicht auch eine kulturell wer-
bende haben. Gerade das Allerbeste dessen,
was aus dem Schöße unseres Volkslebens ent-
springt, ist gut genug, dem Ausland geboten
 
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