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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

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Weiss-Rüthel, Arnold: Benjamin Gordon - München
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https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0431

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B. CODRON.
»CHRISTUS«
PRIVATIVES.
MADRID.

BENJAMIN GODRON-MÜNCHEN

VON ARNOLD WEISS-RÜTHEL

Benjamin Godron wurde der Öffentlichkeit
als ein „Versprechen auf die Zukunft" vor-
gestellt, — im Septemberheft des 28. Jahrgangs
dieser Zeitschrift. Heute ist Godron fünfund-
zwanzig Jahre alt und die Antwort auf die
Frage: ob er inzwischen einzulösen vermochte,

was er damals versprach.....muß nun einer

klügeren Einsicht weichen. Des echten Künst-
lers Werk wird lange vor dem, was wir gemein-
hin Zukunft nennen, den Ausdruck des Über-
zeitlichen gewinnen, aber der Abstand vom
Erreichten zum vielleicht noch Erreichbaren
wird keines Einzelwesens Kunst je überbrücken.

Als Godron von seiner ersten Spanienreise
wieder nach Deutschland kam, empfand er wohl
nichts so stark, als die Notwendigkeit einer
raschesten Rückkehr nach Spanien! Was gestern
noch als die Lust am Erlebnis, die Freude am
rein Sinnlichen und sichtbar Romantischen seine
vitalen Interessen erregte — in jenem Lande,
das wie kein anderes auf der Erde, sein Wesent-
lichstes in tausend augenfälligen Äußerlichkeiten
verborgen hält — wich am Tage nachher dem
Willen, tiefer zu spüren. Reinheit der Gesin-
nung und die geradezu rücksichtslose Liebe

zum Menschen retteten den Jungen frühzeitig
vor dem konventionellen Unglück, dem so viele
seiner malenden Zeitgenossen ihr Daseinsglück
verdanken —: Godron ist keine Zeiterscheinung
im modischen Sinn, kein Entwicklungsphänomen
der „Neuen Sachlichkeit", — er ist als zeitlicher
Typ so unbelastet von allen journalistischen und
literarischen Komplexen und als Vertreter einer
Richtung um keinen Pinselstrich sachlicher, als
meinethalben Lukas Cranach!

Frei von Akrobatik und rein zivilisatorischen
Symptomen steht Godron heute schon als eine
ziemlich stark umrissene Persönlichkeit da. Er
greift nicht vom Weltschmerz gepeinigt an die
Sterne, er geht heiter und erdennah seinen
Weg, und das Werk verrät, wohin dieser führt.

Es ist seltsam und in gleicher Weise charak-
teristisch für den Künstler, daß er zu den Rea-
litäten der Umwelt unmittelbar noch keine Be-
ziehung gefunden hat, daß der Mensch ihm
als das höchste und verehrungswürdigste Wun-
der erscheint, an dem gemessen jegliche Offen-
barung des Augenblicks zur Bedeutungslosigkeit
herabsinkt. Er hat Spanien nicht in Stieren und
Primadonnen erlebt und geschildert — sondern

XXXI. Marz 1938. i
 
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