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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

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Pazaurek, Gustav Edmund: Kunstgläser von Leerdam
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https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0476

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Kunstgläser von Lecrdam

etwas Neues bilden (vergleiche Abbildungen).
Bei uns waren sie im Leipziger Grassimuseum
Anfang 1927 zum ersten Male in einigen weni-
gen Exemplaren zu sehen, wurden aber schon
im Sommer desselben Jahres in einer großen
Kollektion zu einer Leerdam-Ausstellung im
Stuttgarter Landesgewerbemuseum ver-
einigt. Hier wurde der ganze Reichtum der ver-
schiedenen feinen neuen Effekte anschaulich.
Gewöhnlich handelt es sich, abgesehen von den
Formen, um Graphit- oder Farbenglasstaub-
Behandlung der Oberfläche, die dann „abge-
schreckt" d. h. krakeliert wird, und schließlich
ganz oder teilweise noch durch Ätzung mattiert
wird. Die Gesamtwirkung ist überraschend gün-
stig und ergibt namentlich für Blumenvasen ganz
neue Möglichkeiten, die natürlich für Trinkge-
fäße nicht in Betracht kommen. Es ist ja im
Prinzip etwas ähnliches wie wir es vor einem
Vierteljahrhundert mit den lüstrierten amerika-
nischen Tiffanygläsern erlebten: Es ist auch
eine Zufallskunst, deren Gelingen von ver-
schiedenen Faktoren abhängt und die nur unter
der unausgesetzten Beaufsichtigung künstlerisch
fein empfindender Kräfte gute Ergebnisse zei-

tigen kann. Aber die Vorbedingungen sind ja
in Leerdam gegeben. Bei industriellen Ver-
gröberungen wäre alles in kurzer Zeit erledigt.

Die Glasveredlung hat ja, wenn wir über die
eigentliche Formgebung hinaus uns nach wei-
teren Schmuckelementen umsehen, denselben
schweren Stand wie alle anderen kunsthand-
werklichen Gruppen. Wo das sogenannte Or-
nament anfängt, fängt heute auch die allgemeine
Ratlosigkeit an. Und auch die emailbemalten
Gläser von Leerdam, die z. B. auf die Entwürfe
von van Gidding zurückgehen, machen davon
keine Ausnahme. Umsomehr müssen wir bis
auf weiteres die Gläser von Copier willkommen
heißen, wenigstens so lange, bis uns wieder
brauchbare bewußte Schmuckelemente zur
Verfügung stehen, die das Geltungsbereich der
Zufallsornamentation, wie sie etwa der Holz-
maserung, der Moirierung oder den unregel-
mäßig begrenzten Farbenflecken auf anderen
Gebieten entspricht, wieder einschränken. —
Man hüte sich nur vor der dutzendmäßigen
Massenwiederholungen, die die zarte Seele der
stimmungsvollen Copier-Schöpfungen ersticken
müßten..............gustav f. pazaurek.

HANS KLEIX—STUTTGART

»GESCHLIFFENE GL AS VASE
 
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