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Leonardo
Leonardo da Vinci — Berlin, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42331#0224

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Leonardos in der Münchener Pinakothek, die der Louvre bewahrt* Es handelt sich hier also um
Übersetzungen ähnlich denen, die wir im Anschluss an Raffael (flämische Kopien der Madonna
Bridgewater u* a.) oder an Michelangelo (flämische Kopie der „athletischen“ heiligen Familie der
Uffizien im Fogg Art Museum in Cambridge Mass«* U. S* A.) festzustellen vermögen*
Noch klarer offenbart sich der Einfluss Leonardos in den Sante Conversazioni unseres Quentin
Metsys* In den blassen Gesichtern der Frauengruppe um die Muttergottes und Anna im Brüsseler
Museum lebt etwas von dem Lächeln der Gioconda fort* Die Formulierung der komplizierten
bläulichen Landschaften mit den szenographisch verteilten Bergen geht auf die lombardische Schule
zurück* Dieser italianisierende Landschaftstypus erfreut sich bei unseren Malern grösster Beliebt-
heit, ohne dass darunter, wenigstens in den meisten Fällen, die eindringliche Vision der heimatlichen
Erde zu leiden hätte* Das Gemälde von Metsys in der Sammlung Raczynski in Posen, unter
Katalog Nr* 96 im Museum dieser Stadt (x)> übernimmt direkt die Gruppe der „Madonna, die sich
dem mit dem Lamme spielenden Kinde zuneigt“, dem Prototyp der berühmten „Anna Selbdritt“
des Louvre (2); aber die Gestalt selbst hat ihren originalen Charakter nicht bewahrt, sie ist nach
flämischer Weise drapiert und vor eine Berg- und Tal-Landschaft der Maas gestellt, die auf Patinir
(um 1524) zurückgeht. Hulin de Loo hat auch wirklich eine Zusammenarbeit zwischen Metsys und
Patinir in diesem Bilde festgestellt; es sei nur noch darauf hingewiesen, dass die gebeugte Haltung
Marias, die „in der Art eines vertrauensseligen jungen Mädchens wieder ihren früher gewohnten
Platz auf den Knien der Mutter eingenommen hat“ (Gabrielle Seailles), nicht mehr jenes „Schwe-
bende“ hat, und dass die heilige Anna überhaupt verschwunden ist* Von einem anderen, auf ein
leonardeskes Motiv zurückgehenden Bilde der „Jungfrau, das Kind umarmend“ — das Original
dieses in vielen Exemplaren existierenden Gemäldes befindet sich im Berliner Museum (3) —
veröffentlichen wir hier eine wenig bekannte Wiederholung aus der Sammlung Darcy in Paris.
Die eigentümliche Zartheit lombardischer Modelle offenbart sich noch deutlicher in den Wer-
ken jenes Metsys-Nachfolgers, der als Meister der Mansi-Magdalena bezeichnet wird* Wir müssen
darauf verzichten, hier alle Nachweise des Einflusses der norditalienischen Malerei auf den Kreis
um Metsys zu führen* Halten wir uns nur noch kurz bei einer oftmals wiederholten Komposition
von verführerischem Linienreiz auf, der „Kirschen-Madonna“, die, liebevoll von architektonischen
Einzelheiten eingeschlossen, in unseren Gegenden unter den Nachfolgern des Quentin Metsys und
(*) Friedländer, op. eit., VII, Nr. 19 und S. 47.
(2) Die „Heilige Anna Selbdritt" befand sich seit 1529 in Fontainebleau. Der Karton in der Royal Academy in London, eine Kopie im Prado
in Madrid.
(3) Madonna, das Kind umarmend. Eine schlechte, im Gegensinn gestaltete Variante in der Kirche St. Jacques in Antwerpen mit der Zuschrei-
bung an Jan Metsys. Unter den Malern, bei denen sich der leonardeske Einfluss bemerkbar macht, müsste man auch Jan Sanders van Hemessen erwähnen.

Alte niederländische Schule; Charitas
- Museum des Prado - Madrid

Links: Quentin Metsys - Jungfrau mit
dem Kinde - Sammlung Darcy - Paris

Rechts: Niederländische Kopie eines
Gemäldes Leonardos - Louvremuseum
- Paris

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