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Leonardo
Leonardo da Vinci — Berlin, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42331#0225

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Haupt der Medusa von Peter Paul
Rubens - Kunsthistorisches Museum -
Wien


Madonna mit dem Kinde von Quentin
Metsys - Kaiser Friedrich Museum _
Berlin


Mabuse - Küssende Kinder - Samm-
lung Prof. G. Bellesi - London


Madonna mit dem Kinde von Quentin
Metsys- Samml. des Museums von Posen


Joos van Cleve zu ausserordentlicher Popularität gelangte* Die immer wieder aufgezählten Varianten
befinden sich in München und in der Sammlung Cook in Richmond; ich möchte hier eine noch
unveröffentlichte Version aus dem Besitz des Herrn de Leu de Cecil in Brüssel abbilden*
Wenn wir uns bis jetzt auf Quentin Matsys und Joos van Cleve beschränkt haben, so Hesse
sich hinsichtlich des beherrschenden lombardischen Einflusses dasselbe für Barend van Orley, den
Bewunderer Raffaels, und Jan Gossaert gen* Mabuse sagen* Mit diesem lässt man ja gerne die
Epoche des Romanismus in den Niederlanden beginnen* Um uns auf den leonardesken Einfluss zu
beschränken, weisen wir bei ihm — abgesehen etwa von einigen Bildnissen wie dem der Anna de
Berghes, Marquise von Veere, das von der Belle Ferroniere inspiriert erscheint — auf die Verwen-
dung dunkel glänzender, von blauschimmernden Landschaften durchsetzter Hintergründe in seinen
Halbfigurenbildern hin, die im Aufbau an Solario anklingen*
Von den mailändischen Meistern scheint Gossaert-Mabuse auch das Motiv der „Madonna
mit dem Schleier“ übernommen zu haben, zugleich mit dem kapriziösen Manierismus, mit dem
sich das Kind in den Falten des mütterlichen Kopftuches zu verstecken versucht* Dieser Kompo-
sition begegnen wir in ungezählten Exemplaren bis hinab zu den schlechten, späten handwerklichen
Kopien*
Trotzdem dürfen wir nicht einen anderen, im Gegensatz zu der Zärtlichkeit dieser von Leo-
nardo mit unvergesslichen Einzelzügen ausgestatteten Kinderszene stehenden Aspekt seines Univer-
salgenies übergehen: seine wilde Phantasie als Karikaturist* Als erbarmungsloser Erforscher physi-
scher und moralischer Eigenheiten der menschlichen Rasse übertrifft er sowohl Quentin Metsys wie
Hieronymus Bosch* Seine eigenartig deformierten Gesichter, seine ausdrucksstarken Grimassen
finden ebenfalls Nachahmung in der Malerei der Niederlande* Betrachten wir nur jenen „Christus
an der Säule“ von Mabuse — das Original ist 1527 datiert, „Malbodius invenit“ bezeichnet und
in unzähligen Kopien bekannt (x) — jenen Greis mit dem scharfen Profil, der auf der Brust einen
Beutel zerdrückt, diese durchwühlte, Verwünschungen schreiende Person: wir haben sie schon in
jenem Skizzenbuch Leonardos gesehen, wo sie der Meister zwischen Entwürfen für Reiterdenkmäler
oder Kriegsmaschinen flüchtig skizziert hat* Zum Schlüsse möchte ich nur noch die Aufmerksamkeit
des Lesers einen Augenblick auf eine gefühlsmässige Episode hinlenken, die zwischen der flämischen
und italienischen Kunst spielte: ist es nicht Peter Paul Rubens, das bezeichnendste flämische Genie,
dem wir die, wenigstens teilweise Kenntnis der berühmten Anghiari-Schlacht verdanken, die Leo-
nardo da Vinci auf die Mauern des Palazzo Vecchio in Florenz gemalt hatte? Daran musste ich
denken, als ich den „Kampf um die Fahne“ (2), jene herrliche Zeichnung des Louvre, kürzlich auf
einer Ausstellung im Palais des Beaux-Arts in Brüssel wiedersah*
Pierre Bautier

(x) Pierre Bautier: Le Christ au pilier de Mabuse et ses divers exemplaires. In ,,La Revue d'Art“, XXIII, 1922, S. 32 ff.
(2) Dessins de Pierre Paul Rubens au Palais des Beaux-Arts, Bruxelles, 1938-39, Nr. 1. Man weiss, dass Rubens auch das Abendmahl gezeichnet
hat (Museum Dijon, Slg. His de la Salle, Nr. 847).

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