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Kleinere Beiträge
Die Brillenhöhle im Achtal bei Blaubeuren,
eine neue Magdalenienstation
Vorbericht
Von Gustav Riek, Tübingen
Mit Tafel 51 und 52
Rund 600 m westlich der Zementfabrik Blaubeuren, aber noch auf der
Gemarkung Seißen im Kreis Ulm an der Donau gelegen, ist seit vielen
Jahren die Brillen- oder Zwickerhöhle bekannt. Sie trägt im Volksmund
diesen Namen, weil sich in ihrer Hallendecke zwei rundliche Naturfenster
öffnen, zwischen denen eine kurze Felsbrücke erhalten blieb. Die Höhle
befindet sich in mittlerer Hanghöhe am südlichen Achtalgehänge. Von
ihrem Vorplatz und von der nahegelegenen westlichen Felsnase aus bot
sich den Jungpaläolithikern eine vorzügliche Sicht in das breite Achtal hin-
ab zur Weiler Bucht.
Da gute Magdalenienstationen in Württemberg bisher fehlen, kommt
dieser Höhlenstation erhöhte wissenschaftliche Bedeutung zu. Die Höhle
war schon dem Ausgräber der Sirgensteinhöhle, Professor Dr. R. R. Schmidt
(Tübingen), fundverdächtig. Dieser Forscher ließ bereits vor 4 Jahrzehnten
quer durch die Höhlenhalle einen 17 m langen Suchgraben ziehen. Aber
das Finderglück neigte sich ihm nicht zu, und er zog unverrichteter Dinge
wieder ab. Als vor 4 Jahren zwei Töchter von Oberstudiendirektor Kley
(Geislingen) bei Schlechtwetter die Höhle wegen eines entlaufenen Hundes
aufsuchten und dort zum Zeitvertreib in dem losen Kalkschutt ein wenig
zu graben begannen, stießen sie auf Artefakte. Einer Meldung an die
Abteilung Bodendenkmalpflege des Staatlichen Amtes für Denkmalpflege
(Stuttgart) folgte eine Besichtigung der Brillenhöhle durch den Verfasser
in Begleitung von Herrn Konservator Dr. H. Zürn. Eine eingehende Be-
sichtigung der örtlichen Verhältnisse ließ bald den Entschluß zu einer
Probegrabung in der großen Höhlenhalle heranreifen, obwohl R. R. Schmidt
nicht fündig geworden war.
Der O—W-Suchschacht des Berichterstatters, ganz hart neben dem
ehemaligen Suchgraben R. R. Schmidts niedergeteuft, erbrachte schon am
ersten Tag den Nachweis der Magdalenienkultur. Auf diesen Befund hin
schien eine Großgrabung erfolgversprechend zu sein, und Herr Dr. Zürn
beschaffte dankenswerterweise die Mittel für fortlaufende Untersuchungen.
So folgte der ersten Grabungskampagne vom 5. April bis 14. April 1956
bald eine zweite vom 5. September bis 31. Oktober 1956. Vom 18. März bis
8. Mai 1957 und vom 11. September bis 8. November 1957 konnten weitere
Grabungen durchgeführt werden, die stetig die Bedeutung dieser Station
in Erscheinung treten ließen*.
* Für oft entsagungsvolle Sucharbeit und beharrliche Aufmerksamkeit während der
Freilegung der einzelnen Schichten habe ich insbesondere Frau Gertraud Mat-
schak (Schelklingen), Herrn Oberstudiendirektor Kley, Herrn Dr. HeinzMauser,
Herrn Dr. Günther Schreyer und Herrn Dr. Manfred Buck zu danken.
Herrn Direktor Dr. Kühl (Zementwerk Blaubeuren) gebührt mein besonderer Dank
für die kostenlose Gestellung von schwerem Ausgrabungsgerät.
Fundberichte N. F. 15 7
Kleinere Beiträge
Die Brillenhöhle im Achtal bei Blaubeuren,
eine neue Magdalenienstation
Vorbericht
Von Gustav Riek, Tübingen
Mit Tafel 51 und 52
Rund 600 m westlich der Zementfabrik Blaubeuren, aber noch auf der
Gemarkung Seißen im Kreis Ulm an der Donau gelegen, ist seit vielen
Jahren die Brillen- oder Zwickerhöhle bekannt. Sie trägt im Volksmund
diesen Namen, weil sich in ihrer Hallendecke zwei rundliche Naturfenster
öffnen, zwischen denen eine kurze Felsbrücke erhalten blieb. Die Höhle
befindet sich in mittlerer Hanghöhe am südlichen Achtalgehänge. Von
ihrem Vorplatz und von der nahegelegenen westlichen Felsnase aus bot
sich den Jungpaläolithikern eine vorzügliche Sicht in das breite Achtal hin-
ab zur Weiler Bucht.
Da gute Magdalenienstationen in Württemberg bisher fehlen, kommt
dieser Höhlenstation erhöhte wissenschaftliche Bedeutung zu. Die Höhle
war schon dem Ausgräber der Sirgensteinhöhle, Professor Dr. R. R. Schmidt
(Tübingen), fundverdächtig. Dieser Forscher ließ bereits vor 4 Jahrzehnten
quer durch die Höhlenhalle einen 17 m langen Suchgraben ziehen. Aber
das Finderglück neigte sich ihm nicht zu, und er zog unverrichteter Dinge
wieder ab. Als vor 4 Jahren zwei Töchter von Oberstudiendirektor Kley
(Geislingen) bei Schlechtwetter die Höhle wegen eines entlaufenen Hundes
aufsuchten und dort zum Zeitvertreib in dem losen Kalkschutt ein wenig
zu graben begannen, stießen sie auf Artefakte. Einer Meldung an die
Abteilung Bodendenkmalpflege des Staatlichen Amtes für Denkmalpflege
(Stuttgart) folgte eine Besichtigung der Brillenhöhle durch den Verfasser
in Begleitung von Herrn Konservator Dr. H. Zürn. Eine eingehende Be-
sichtigung der örtlichen Verhältnisse ließ bald den Entschluß zu einer
Probegrabung in der großen Höhlenhalle heranreifen, obwohl R. R. Schmidt
nicht fündig geworden war.
Der O—W-Suchschacht des Berichterstatters, ganz hart neben dem
ehemaligen Suchgraben R. R. Schmidts niedergeteuft, erbrachte schon am
ersten Tag den Nachweis der Magdalenienkultur. Auf diesen Befund hin
schien eine Großgrabung erfolgversprechend zu sein, und Herr Dr. Zürn
beschaffte dankenswerterweise die Mittel für fortlaufende Untersuchungen.
So folgte der ersten Grabungskampagne vom 5. April bis 14. April 1956
bald eine zweite vom 5. September bis 31. Oktober 1956. Vom 18. März bis
8. Mai 1957 und vom 11. September bis 8. November 1957 konnten weitere
Grabungen durchgeführt werden, die stetig die Bedeutung dieser Station
in Erscheinung treten ließen*.
* Für oft entsagungsvolle Sucharbeit und beharrliche Aufmerksamkeit während der
Freilegung der einzelnen Schichten habe ich insbesondere Frau Gertraud Mat-
schak (Schelklingen), Herrn Oberstudiendirektor Kley, Herrn Dr. HeinzMauser,
Herrn Dr. Günther Schreyer und Herrn Dr. Manfred Buck zu danken.
Herrn Direktor Dr. Kühl (Zementwerk Blaubeuren) gebührt mein besonderer Dank
für die kostenlose Gestellung von schwerem Ausgrabungsgerät.
Fundberichte N. F. 15 7