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Die Gartenkunst — 27.1914

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Hirsch, Fritz: Der Bruchsaler Schloßgarten nach seiner Wiederherstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0010

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Brudisaler Schloßpark, unterer Abschluß des jetzt von der Eisenbahn abgetrennten Parkteiles.

recht begreiflich gewesen, da dieser Geschmack bestmöglichster Schonung des überkommenen
dem von heute so nahe steht. Der im Jahre und durch keine auch noch so hohe Kunst zu
1724 nach einem Plane des Hofgärtners Franz ersetzenden Vegetationsbestandes den ursprüng-
Scherer aus Wien angelegte und während der liehen, organischen und logischen Zusammen-
folgenden Rokokozeit von Joseph Sickora mit hang von Architektur und Natur wieder zu
Bowlingreens, Berceaux, Labyrinthen und gewinnen.

Wasservexierkünsten bereicherte Park hat sich Das Rückgrat der Parkanlage, die Mittel-
nun aber schon zu Zeiten des dritten Bewohners, allee war noch leidlich erhalten. Hier konnte
des wohltätigen Grafen August Philipp von man sich darauf beschränken, Stein-Figuren,
Limburg-Stirum (1770— 1797), unter der Hand die im Lauf der Zeiten in Privatbesitz über-
des Hofgärtners Joseph Schedlodi und dessen gegangen waren und die zum Teil in Original
Sohnes Mauritz Bernhard eine modegerechte zurückerworben, zum Teil durch Kopien ersetzt
Umwandlung in englischer Art gefallen lassen wurden, an ihren alten Standort zu verbringen,
müssen, und das natürliche Wachstum von nun Durch beiderseitige Rosenrabatten wurde die
bald 200 Jahren vollends hat die ursprüngliche, Richtungslinie der Hauptaxe noch stärker betont,
architektonische Gesetzmäßigkeit bis zur Un- dahinter aber das üppige Wachstum ungeschoren
kenntlichkeit verwischt, dafür aber neue künst- gelassen. (Seite 5.) Die malerische Ungebun-
lerische Werte von so unendlich großem Zauber denheit hat sich hier ganz von selbst zur
beschert, daß ihre Beseitigung — und diese Ruhe des einheitlich wirkenden Hintergrundes
wäre doch zur Wiedergeburt des Schönborn- zusammengeschlossen. Nur vor den beiden Oran-
schen Gartens Voraussetzung gewesen — im geriegebäuden war bei verändeter Zweckbe-
Ernste niemand wünschen konnte. Und wenn Stimmung im Interesse der Gesundheit der Be-
wir dennoch in übertriebenem Eifer nach Stil- wohner eine erhebliche Ausholzung notwendig
reinheit die Axt angelegt hätten, wir würden geworden, aus welcher die wenigen, stehenge-
das beabsichtigte Resultat wohl ebensowenig er- bliebenen alten Bäume in neuer, ungeahnter
lebt haben, wie einstens Damian Hugo, dem Schönheit hervorgingen (Seite 3).
die Gedanken auch rascher gewachsen sind als In der Mitte etwa seiner Längsausdehnung
die Bäume, und der nur ahnen konnte, welch ist der Park durch den Bahnbau in zwei Hälften
köstliche Ernte die Epigonen seiner Saat ver- auseinander gerissen worden. Um der oberen
danken. Parkhälfte wieder die organische Geschlossen-
Man muß sich also von vornherein darüber heit zu geben, wurde hier ein neuer Parkabschluß
klar sein, daß die Wiederinstandsetzung eines (Bild Seite 1) erstellt und der Niveauausgleich
Gartens nach ganz anderen Grundsätzen zu ge- zwischen Bahndamm und Park durch Treppen-
schehen hat, wie diejenige von Gebäuden. Alles anlagen gewonnen. Bei der Ausführung dieses
Streben mußte hier darauf gerichtet sein, bei Parkabschlusses sind alte Fundamente zutage

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