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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 10
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Vetterlein, Ernst Friedrich: Architektonik des Gartens
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Wirtz, Fr.: Beispiele neuzeitlicher Gartengestaltung
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Koch, Hugo: Die Kunst im Garten
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0167

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1

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Bild D 2. Laubengang im Sondergarten des Herrn A. Andreae-de Neufville, Königstein i. T.

Gartenarchitekt F. Wirtz.

Zwischen Beeten mit Beerensträuchern führt ein
Weg zu einem kleinen Spielplatz hin, wo unter
einer Linde eine Ruhebank aufgestellt ist. Je
eine 1 m hohe Hecke bildet die räumliche Tren-
nung und Gliederung zwischen den Gartenteilen.

Die Kunst im Garten.

Von Architekt Dr. Ing. Hugo Koch, Hamburg.

„Vergebens werden ungebundene Geister
Nach der Vollendung reiner Höhe streben.
Wer Großes will, muß sich zusammenraffen,
In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,
Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben."

Diese alten und immer wieder neuen Worte
ergeben das einfache Grundgesetz allen künstle-
rischen Schaffens. In der geringen Bewertung
dieses Gesetzes liegt im wesentlichen das Ver-
sagen der landschaftlichen Gartenkunst des ver-
gangenen Jahrhunderts begründet, als die „Rück-
kehr zur Natur" den Menschen bestimmte, den
Garten nach den Regeln der freien Natur zu
formen. Der Mensch schwelgte im Staunen und
Bewundern der Natur mit allen ihren Vielheiten
im Ausdruck und wagte nicht gesetzlich ordnend
einzugreifen in das erhabene oder liebliche Schau-
spiel, das sich ihm bot. Ja, in dem Jubel über den
Reichtum der neuen Offenbarung entging ihm
auch unter der Vielheit der Eindrücke, daß auch

in der Natur das Gesetz, die Einfachheit, ein
Wesentliches ihrer Größe bedingt.

Überall wo der fühlende und empfindende
Mensch stark von der Schönheit der Natur er-
griffen, ja überwältigt wird, da arbeitet die Natur
mit wenigen einfachen, aber großzügigen Mitteln,
sowohl in Bezug auf Formen wie auf Farben.
„Die Horizontlinie ist die einfach größte, die es
auf der Erde gibt", sagt Ratzel, der treffliche
poetische Naturschilderer, „und am schönsten und
größten sind Himmel und Wasser, wenn jedes
in seiner Weise gleich klar, jener vollkommen
durchsichtig, so weit nur das Auge dringt, dieses
in seiner blauen oder grünen Tiefe, beides Kri-
stallwelten, sich übereinander bauend". Wir
können weiter greifen. Das Hochgebirge oder
die weite Steppe, das ernste Heidemoor, der stille
Hochwald — wirken durch ihre Einfachheit, — und
in der Einfachheit liegt vor allem die Stimmung,
die uns Menschen der Abend bringt, die Auf-
lösung aller Gegensätze in zwei Größen, dunkle
Erde und heller Himmel. Und weiter liegt in dem
Auftreten symmetrischer Formen in der Natur
im allgemeinen etwas überaus fesselndes.

Diesen Hinweis bedarf unsere Gartenkunst.
Es kann nicht unsere Aufgabe sein, die Vielheiten
in der Wirkung der Natur, die sich auf weitem
Gesichtsfelde abspielen, wie in der Zeit der land-

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