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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 12
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Westheim, Paul: Sozialisierung der Gartenkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0190

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Sozialisierung der Gartenkunst.

Von Paul Westheim, Berlin-Wilmersdorf.

„Die furchtbare Ziffer, die uns auf der Düssel-
dorfer Städtebau-Ausstellung entgegenschrie:
„27000 Säuglinge sterben in Deutschland jährlich
an Schwindsucht", sie wäre nicht denkbar, wenn
die großen Städte genügend Gärten besäßen. Die
Großstadt braucht Gärten aus Not, und ich glaube
auch, daß sie die Kraft und die Neigung hat, aus
reiner Freude an Gärten solche zu schaffen! Man
kann sagen, daß eine gewisseBevölkerungsdichte,
auf einer Stelle konzentriert, gewissermaßen
automatisch Gärten auslöst und immer ausgelöst
hat. Die Stadt ist es also recht eigentlich, die
positiv und negativ den Gartenwillen gebiert;
sie war es auch, die, solange die Erde steht, be-
deutende Garten-Epochen ursächlich geschaffen
hat. Die Großstadt eine Mutter von Gärten". So
prachtvoll lapidare Worte liest man in dem Buch
des Leberecht Migge über die „Gartenkultur

des 20. Jahrhunderts". Sätze, mit denen der
Gartenbauer auf die Rednertribüne treten, mit
denen er den von den Mietskasernen ausgemer-
gelten Massen sagen könnte, daß auch er nicht
mehr nur für die Liebhaberlaunen der Wenigen,
der Begüterten da sei, sondern, daß auch ihn der
Geist der Zeit beflügele, Schönheit zu schaffen
auch für diejenigen, die da mühselig und beladen
sind.

Die „Sozialisierung der Gartenkunst" habe ich
einmal genannt, was dieses Miggesche Garten-
buch uns ankündigt. Was heißt das „Sozialisie-
rung der Gartenkunst?" Ist es nur ein neues,
vielleicht zugkräftiges Schlagwort? Ist es mehr?
Bezeichnet es vielleicht eine Sache, die noch nicht
da war und die, um verstanden werden zu können,
sich auch eine neue Kennmarke schaffen mußte.

Alle Gartenkunst ist Ausstrahlung des Men-

Gartenkunsl Nr. 12, 1914.

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