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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 16
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Der Krieg und unser Beruf
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0247

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Der Krieg und unser Beruf.

Wohl keine Kulturarbeit bedarf zu ihrer Entfaltung so sehr der ungestörten
Friedensruhe wie Gartenbau und Gartenkunst. Und es hat daher gerade unser
Beruf in den langen Friedensjahren seither eine hoch erfreuliche Entwickelung ge-
nommen. In regem Vorwärtsstreben, belebt durch sachliche Auseinandersetzungen
über künstlerische Gestaltungsfragen, hatte die Gartenkunst in Deutschland eine
Blüte gezeitigt, die vielversprechende Aussichten für die Znkunfl eröffnete.

Daneben hatte das Wirken unserer Gesellschaft gute Beziehungen zu den ton-
angebenden Berufskreisen in den benachbarten Kulturstaaten angebahnt zur
Förderung unserer Kunst, die wie alle Künste keine politischen Grenzen kennt. Sie
sollten in den nächsten Jahren noch ausgebaut und erweitert werden. Diese Be-
strebungen wurden nicht einseitig von uns betrieben. Ein Pariser Freund hat noch
vor wenigen Tagen mit Verschiedenen unter uns im Briefwechsel gestanden und
für eine Studienreise französischer Gartenarchitekten nach Deutschland unsere
Unterstützung erbeten. Und es sind erst kurze Wochen her, seit in Kopenhagen
dänische Berufsfreunde herzliche Versicherungen kollegialer Zusammengehörigkeit
mit uns austauschten.

Das alles ist durch den gleich einem elementaren Naturereignis zum Ausbruch
gekommenen Weltkrieg gestört, wenn nicht gar vernichtet. Es ist deshalb begreif-
lich, daß wir uns besonders hart von den Ereignissen getroffen fühlen.

Aber wir sind zwar Gartenbauer und Gartenkünstler, in erster Linie aber
sind wir Deutsche. Ohne jedes Bedenken, mit dem gleichen Opfermut und der
gleichen Begeisterung wie die Angehörigen anderer Berufsstände sind auch wir
bereit, alles zu leisten und alles zu tragen, was das Vaterland in diesem ernsten
Augenblick von uns fordert. Zahlreiche Berufsgenossen, darunter viele der Besten
und solche, auf denen unseres Berufes Zukunft beruht, sind dem Ruf zu den Waffen
gefolgt. Wer kann sagen, wen von ihnen wir wiedersehen! Andere harren zu jeder
Stunde der Einberufung. Und alle, denen es nicht vergönnt ist, mit der Waffe in
der Hand in dieser schweren Zeit dem Vaterland zu dienen, werden gern und bereit-
willig jede Gelegenheit wahrnehmen, sich nützlich zu machen, soweit es die Um-
stände und Verhältnisse erfordern.

Es bleibt uns für jetzt außer dem Gelöbnis, jeder an seiner Stelle alles zu
tun, was die Lage erheischt, nichts anderes übrig, als alle Mitglieder unserer Ge-
sellschaft zu ruhiger Besonnenheit aufzufordern, wenn auch, was unausbleiblich sein
wird, in den nächsten Monaten Zeiten geschäftlichen Stillstandes eintreten, und sie
zu bitten, uns in der Ausübung unserer Pflicht zu unterstützen, damit das, was unsere
Gesellschaft in siebenundzwanzigjähriger Tätigkeit aufgebaut hat, erhalten bleibt.

Wir dürfen daraufhinweisen, daß ein reinigendes Gewitter auch sein Gutes
hat, daß die Zukunft uns nachher zweifellos einen neuen Aufschwung bringen
wird, der schnell wieder die Folgen der augenblicklichen Störung ausgleicht.

Wir wollen der Hoffnung Ausdruck geben, daß die meisten von denen, die wir
heute schweren und doch freudigen Herzens in den Kampf ziehen sehen, gesund und
heil wiederkehren, um dann mit uns ihre Kraft dem Wiederaufbau des etwa Zerstör-
ten und dem Weiterausbau unserer friedlichen schönen Kunst zu widmen. Für jetzt
fort mit allem Kleinmut und aufrechten Hauptes den Blick in die Zukunft gerichtet!
Deutschland, Deutschland über alles!

Gartenkunst Nr. 16, 1914.

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