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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 6
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Migge, Leberecht: Was kann der moderne Gartengestalter aus der Geschichte lernen?: zu Gothein's Buch
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0098

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Blick vom Spielplatz nach dem Schattengarten (Standort 5).
Landhausgarten R. F. in D.

Gartenarchitekt: Paul Schädlich.

WaS kann der moderne Garten- In der darauffolgenden Periode der sozialen Festi-

gung, der Kuhe und battigung wandten sich die

gestalter aUS der Geschichte lernen? Völker regelmäßig der Ausübung des Sdiönen zu:

sie machten Kulturgeschichte.

(Zu Gothein's Buch.) * »

Wenn man will, ist Geschichte überhaupt eine ... So oder ähnlich müssen wir vorgehen, wenn
fortlaufende Kette von Bestätigungen des Wortes wir Geschichte für uns lebendig machen wollen,
des seligen Ben A Kiba: „Es ist alles schon dage- Genau so auch angesichts der vieltausendjährigen
wesen." Tatsächlich geschieht auf der Welt be- Geschichte der Gärten, die sich in Ursache und
schämend wenig Neues. Irgend so ein Azteke, Wirkung in nichts von ihren Geschwistern unter-
Orientale oder Nubier hat alles schon mal gemacht, scheidet. Man kann nicht sagen, daß wir bisher
und manchmal dünkt einem die Welt von ehedem so gehandelt hätten, und deshalb stellt es in ge-
schon weiter und besser als heute. Man könnte wissem Sinne eine Gefahr dar: Ich meine das große
Pessimist werden, indem man Geschichte liest. umfassende Werk der Gartenkunst, das Marie Luise

Aber glücklicherweise kommt es auf das Schaf- Gothein") jetzt vollendet hat. Denn nichts liegt

fen von ganz neuen Dingen wenig oder doch nur näher als der Gedanke, daß die „jünger der schönen

erst in zweiter Linie an. Es ist der Geist, der Gartenkunst", wie einige von uns sich ja allzugern

die Mühe der Menschen adelt Nicht damit, daß nennen hören, heißhungrig auf den üppigen und

wir arbeiten und die Güter fleißig mehren, machen höchst interessanten Inhalt dieses großmächtigen

wir an und für sich Geschichte, sondern dadurch, Werkes sich stürzen werden als willkommene Ge-

daß wir das gern und im Vollbewußtsein legenheit, um mit Hilfe unantastbarer Autoritäten

unserer kulturellen und ethischen Ver- die sich zurzeit höchst unsicher gebärdende mo-

antwortlichkeit tun. Die Gesinnung wird ent- derne Gartenkunst zu befruchten — gewissermaßen

scheidend sein. auszugsweise. Nichts würde gefährlicher sein für

Was nun das Gestalten von Dingen anbetrifft, das zarte Pflänzchen Gartenkultur, das wir zu
so haben neben diesem geistigen Wollen zum Guten pflegen und zu fördern bestellt sind, als solches Vor-
und Hohen, das stets das Äusserste für ein Ideal gehen. Es könnte alles in Frage stellen, was in
einzusetzen bereit war, auch noch andere Ursachen einem Jahrzehnt mühevoller Arbeit bei uns heran-
grundlegend mitgewirkt. Vor allem wirtschaftliche gereift ist. Nein: Bilder und Geschichten von dem,
und die der hohen Politik, was meistens ja dasselbe was war, sind für uns als Schaffende tot und ent-
ist. Kunst und Kultur, gute und reiche Form er- -

Stand immer erst als Folge des Wirtschaft- *) Marie Louise Gothein: „Geschichte der Gartenkunst", 2

lir-hen A 11 f k rh w 11 n n s »i„Pq Vnllrpc ncipr pinpr Bände mit vielen Tafeln und Illustrationen. Verlegt bei Eugen

licnen Aursmwungs eines VolKes oder einer Diederiehs, Jena. Preis geb. Mk. 48.-, brosdi. 42.-. Siehe auch

neuen politischen Konstellation seiner Machthaber. die Beilage. D. R.

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