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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 12
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Migge, Leberecht: Die Gartenmission der Städte
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0199

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Die Gartenmiss

Von Leberecht Migge,

Schon immer hatte die besondere Färbung
der neueren kommunalen Gartenarbeit mich zu
mancherlei Versuchen angeregt. Unsere Städte
sind ja Körper, die vorzugsweise von wirtschaft-
lichen und gesellschaftlichen Trieben erhalten und
bewegt werden. Sie sind Reinkulturen des ele-
mentaren tätigen Geistes unserer Zeit. Alle ihre
Aufgaben, also auch die des öffentlichen Grüns,
umschreiben Werdendes und Notwendiges; sie
tun das mit den denkbar knappsten Mitteln. Und
da die Rhythmik einer Epoche sich nur an der
Geistigkeit entzünden kann, die sie selber hat,
so wähne ich die Gartenform der Zukunft vor-
zugsweise in dem sozial-ökonomischen Geschiebe
des Gartens verborgen: Ich wallfahre zum Ratio-
nalismus des Volksparkes, um die schöne Form
des neuen Gartens überhaupt entdecken zu helfen.

Daß dieses Unterfangen nur Erfolg haben
kann, wenn eine vollkommene Umbildung der
geistigen Kräfte, die in Frage stehen, und der
technischen Behelfe, die sich wandeln, voraus-
gegangen ist, scheint mir sonnenklar. Wir, die
wir so Viele beisammen leben, müssen fühlen,
daß das auch notwendig neue Äußerungen mit
sich bringt, müssen solche schließlich fordern.
Und die beteiligten Berufe können nicht anders,
als auf den neuen Ton zu horchen, ihr Werkzeug
schön blank von altem Rost zu putzen und die
Materie neu zu schichten. So ist augenblicklich
alles im Übergang, und man kann nicht erwarten,

ion der Städte.

Hamburg-Blankenese.

daß innerhalb dieser umfassenden Neuorientie-
rung der deutschen komunalen Parkpolitik Jeder-
mann gleich die ihm zukommende Position finde.
Da gibt es denn hier noch gelegentlich schmerz-
lich indifferente Bürgerschichten und obstinate
Ratsherren, aber es gibt auch Bürgermeister, die
sich an diesem Neuland zum Condottieri steigern,
es gibt Beamtenkategorien, die vor der Wärme
des Stoffes sich wohlig häuten, und über dem
Ganzen liegt eine Atmosphäre von strahlender
Jugend und Arbeitsdampf.

Und wie es fast immer so geht mit unseren
Gemeinschaftsdingen heute: erlebt werden sie
am sinnlichsten von den kleinen und mittleren
Kommunen und von den ganz neuen, rundlich
durchgeführt überhaupt nur von diesen. Es ist
nach Lage der Dinge kaum wahrscheinlich, daß
eine richtiggehende, d. h. traditionsbepackte
europäische Großstadt den ganzen Ideen- und
Sachkomplex des neuen Grünwerdens, von der
Bodenpolitik angefangen bis hin zur Parkbank,
je als geschlossenes Kunstwerk verwirklichen
könnte. Jedenfalls, was die „nachgeordneten"
Städte Deutschlands anbetrifft, so entsännen sich
diese nur einer alten guten Tradition, als geistige
Führer und Anreger, wenn sie auch im modernen
Gartenleben ihre besondere Sendung entdecken
würden.

Davon, wie man klein sein kann und dennoch
den Großen ebenbürtig, davon, daß es im Kul-

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