Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 27.1914

DOI Heft:
Nr. 4
DOI Artikel:
Heilig, Wilhelm: Gedanken über Friedhofgestaltung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0070

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Lageplan der Gesamtanlage, ca. 1: 15000.
Friedhofswettbewerb Köln: Reg.-Baumeister Stirn und Friedhotsverwalter Nilgen, Köln.

meinde, die jenen herben, düster majestätischen Interesse entgegenbringen. Großen Gedanken-
Anblick bietet, den uns alte Dorf- und Stadt- reiditum weisen meist auch die Inschriften alter
kirchhöfe noch überliefern. Ich meine jene alten Steine auf, die sogar öfters einer derben Komik
Friedhöfe, deren Denksteine noch Kunstepochen nicht entbehren, während man sich heute mit
aufweisen, die also eine einheitliche Grabmals- dem gewiß sehr religiösen „Hier ruht in Gott"
grundform zeigen und infolgedessen im Gesamt- begnügt, das durch den Allgemeingebrauch an Ge-
bilde ruhig wirken. Sie bedurften keiner Hinter- halt verliert, sodaß schon der Abwechslung wegen
pflanzung, die jedes Raumgefühl einzwängt und es geboten erscheint, sämtliche Titel und Würden
zum gräßlichen Schematismus wird, die so leb- des Verstorbenen anzuführen. Wie wirkt doch oft
haft an Schiffskojen erinnert und erst der Willkür der Name allein durch die Schlichtheit so er-
der Denksteinform Tür und Tor öffnet. greifend.

Ob wohl durch eine Einheitlichkeit in der Es hieße unsere Künstler und ihren Einfluß
äußeren Form der Denksteine ein Schematismus auf die Abnehmer von Grabsteinen, ja einen
anderer Art eintritt? — Auch hier nehmen wir großen Teil der Abnehmer selbst unterschätzen,
am besten die alten Muster. — Die Steine früherer wollten wir nicht anerkennen, daß das in den
Zeiten wurden von schlichten Handwerksmeistern letzten Jahren auf dem Gebiet der Grabmalkunst
zunftmäßig gefertigt. Diese Meister brachten oft Geleistete einen gewaltigen Umschwung zum
ein ganzes Leben mit der Erstellung von Grab- Guten zeigt und Anklang findet. Wer aufmerk-
steinen zu, deren äußere Form anscheinend nur sam die Einzelausstellungen der Grabsteinge-
kleine Unterschiede zeigt, die aber bei genauerer schäfte in den Städten betrachtet, kann sich
Betrachtung eine Durcharbeitung und Feinheit diesem Eindruck nicht verschließen. Selbst auf die
aufweisen, die wir nun wieder zu bewundern be- Gefahr hin, bezüglich der Farbe und des Mate-
ginnen. Nicht schon von weitem wollen diese rials einige Mischlinge zu haben, in der äußeren
Steine sich aufdrängen, sie wollen auch nicht vom Form noch einige derbe, individuell sein wollende
Nachbarsteine rechts und links sich abheben durch Auswüchse auf dem Grabfelde sehen zu müssen,
möglichst abweichende Form, sondern eine ge- scheint mir dies das kleinere Übel gegenüber dem
naue Betrachtung fordern sie, um das ihnen an- der Raumzerstückelung, die durch die Hinter-
haftende Originelle zu zeigen. Große Formab- pflanzung verursacht wird. Mit der Aufhebung
weichungen waren an lange Zeitabschnitte ge- der Hinterpflanzung Hand in Hand geht eine
bunden, und das Zunftgefühl schützte das Wesen Friedhofsgestaltung, die stark von der heute
der Kunst vor Ubergriffen und Sucht nachEffekten, üblichen abweicht. Hier komme ich auf die
Was diesen Steinen zum Glück an Mannigfaltig- Friedhofsgestaltung im sozialen Sinne zu
keit der äußeren Form abging, wurde durch sprechen.

meisterhafte Ornamentik ersetzt, den Kunst- Auch da ist meines Erachtens vielfach die Hin-
zweig, dem wir seit einig en Jahren wieder vollstes terpflanzung das fördernde Moment zurVerschär-

62
 
Annotationen