bauen konnten wie die Cord ona, Mollet,
Fontane, Fabricio u. a. haben wir
noch nicht wieder aufzuweisen. Anderer-
seits könnte man sagen, daß so excep-
tionelle Erscheinungen wie Le Notre,
nicht denkbar sind, es sei denn, daß
ihnen ein Ludwig von Format vorausgeht.
Denn, wenn wir unser bischen Bemühen
um den Garten im Ganzen mit den großen
Taten der Gartengeschichte vergleichen,
sind wir doch noch arg im Hintertreffen.
Schon was den Begriff des Siedeins
überhaupt angeht. Der war bei den Alten
ungleich mehr geklärt und verfeinert. Ver-
folgen wir etwa den schönen Grundsatz
der Römer: „Erst zu pflanzen, dann
zu bauen" irgendwie schon allgemeiner?
Und würde die Gepflogenheit der Ägypter,
dieses höchstkultivierten Volkes, das die
Erde je trug und vielleicht tragen wird,
nämlich ihr Haus bescheiden unter-
zuordnen, im Garten zu wohnen und in
ihm förmlich aufzugehen — würde dieser
Lehrsatz, schon jetzt unter uns verkündet,
etwas anderes als Lächeln u. Kopfschütteln
hervorrufen? An diesen beiden Völkern,
die mit ihrer Bodenknappheit, ihrem Wirt-
schaftsleben, ihrer geistigen Struktur über-
haupt viel Parallelen mit unserer Zeit
aufbringen, an ihnen ist auch besonders
klar der tiefe Einfluß des Gartens auf die
gleichzeitige Baukultur zu verspüren. Sie
hatten Mietskasernen wie wir, und als
Reagens Vorstadt und Vorstadtgarten. Ja
ganze Gartenstädte wie wir. Daneben
aber auch eine geschlossene Baukultur,
wie wir sie nicht haben. Was uns in dieser
Hinsicht noch zu tun bleibt, wird einiger-
maßen deutlich, wenn wir an den vielen
Beispielen der Geschichte sehen, wie diese
Gartenvölkerdas „Auf-den-Boden-stellen"
des Hauses und das „In-den-Garten-
hineinbauen" in einer Weise meisterten,
wie ich es als kongenial heute erst wieder
andeutungsweise bei den Arbeiten des
amerikanischen Architekten Lloyd Wr i g h t
empfinde.
« *
... So könnte man noch eine ganze
Weile mehr tiefes Leben schürfen aus der
Blick auf das Gartenhaus (Standort 8). großen Gartengeschichte der Völker. Sie
Landhausgarten R. F. in D. ist wirklich groß, und wenn man es richtig
GartenarAHekt: Paul Schädlidi. überlegt, hat sich auf keinem Gebiete der
gegenständlichen Bildung seit Eden soviel
Einöden mit Hilfe kunstreicher Bewässerung ihre ereignet, als auf dem des Gartenbaues. Aber es
„Paradiese" schufen, die Pompejaner Gärten auf fehlte uns Heutigen wenigstens ein zuverlässiger
den D ä ch er n ihrer Häuser anlegten, und daß einige Führer, der unsern vergrößerten Anforderungen ent-
durch Rüdtsicht auf die Kosten noch nicht angekrän- sprach. Den haben wir jetzt. Das Gotheinsche Werk
kelte Herrscher wie Hieron II. von Sizilien, Cali- kam wie eine Erlösung.
gula, das Soldatenstiefelchen von Rom, sich pracht- Erlösen wird es uns hoffentlich von manchen
voll-faule Schiffsgärten erlaubten. Ja schon Dünkeln und Irrtümern, mit denen wir uns bisher
in urgrauer Vorzeit, da die Pharaonen ihre Syko- umgaben. Was mich betrifft, so wünsche ich, daß
moren und Dattelpalmen in erprobtem Wechsel und es uns befreien helfen möchte von der Stimmung
immer gleicher Distanz pflanzten, war höhere Gar- der Halben und Unentschlossenen. Denn im
tentechnik fast schon so verbreitet — wie bei uns Gothein steht klipp und klar zu lesen, daß eine Nation
der „Höhere Gartenbauschüler" etwa. immer so mächtig war, als ihr Gartenleben schön,
Wo Gartentechnik ist, da sind auch tüchtige und daß ein Volk immer den Garten hatte, den es
Gärtner. Wir haben in unserer Zeit ja auch einige verdiente.
Gärtnerfamilien von Weltrang, wie die Vilmorins Daß es uns befreien möchte von dem Wahn der
in Frankreich, die Sanders in England oder die Hastenden, daß Menschen je glücklich werden
Späth's in Deutschland. Aber das sind geniale Han- könnten, ohne die Stunde der Besinnung zwischen
delsherren und Züchter. Solche überragende Gar- atmendem Grün. Im Gothein stehts; da sieht man
tengestalter aber, die einer ganzen Flucht von Ge- alle Phasen menschlichen Glückes wie auf einer
nerationen vorbildliche Gartenerscheinungen auf- großen Weltgartentafel auf- und niedersteigen.
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Fontane, Fabricio u. a. haben wir
noch nicht wieder aufzuweisen. Anderer-
seits könnte man sagen, daß so excep-
tionelle Erscheinungen wie Le Notre,
nicht denkbar sind, es sei denn, daß
ihnen ein Ludwig von Format vorausgeht.
Denn, wenn wir unser bischen Bemühen
um den Garten im Ganzen mit den großen
Taten der Gartengeschichte vergleichen,
sind wir doch noch arg im Hintertreffen.
Schon was den Begriff des Siedeins
überhaupt angeht. Der war bei den Alten
ungleich mehr geklärt und verfeinert. Ver-
folgen wir etwa den schönen Grundsatz
der Römer: „Erst zu pflanzen, dann
zu bauen" irgendwie schon allgemeiner?
Und würde die Gepflogenheit der Ägypter,
dieses höchstkultivierten Volkes, das die
Erde je trug und vielleicht tragen wird,
nämlich ihr Haus bescheiden unter-
zuordnen, im Garten zu wohnen und in
ihm förmlich aufzugehen — würde dieser
Lehrsatz, schon jetzt unter uns verkündet,
etwas anderes als Lächeln u. Kopfschütteln
hervorrufen? An diesen beiden Völkern,
die mit ihrer Bodenknappheit, ihrem Wirt-
schaftsleben, ihrer geistigen Struktur über-
haupt viel Parallelen mit unserer Zeit
aufbringen, an ihnen ist auch besonders
klar der tiefe Einfluß des Gartens auf die
gleichzeitige Baukultur zu verspüren. Sie
hatten Mietskasernen wie wir, und als
Reagens Vorstadt und Vorstadtgarten. Ja
ganze Gartenstädte wie wir. Daneben
aber auch eine geschlossene Baukultur,
wie wir sie nicht haben. Was uns in dieser
Hinsicht noch zu tun bleibt, wird einiger-
maßen deutlich, wenn wir an den vielen
Beispielen der Geschichte sehen, wie diese
Gartenvölkerdas „Auf-den-Boden-stellen"
des Hauses und das „In-den-Garten-
hineinbauen" in einer Weise meisterten,
wie ich es als kongenial heute erst wieder
andeutungsweise bei den Arbeiten des
amerikanischen Architekten Lloyd Wr i g h t
empfinde.
« *
... So könnte man noch eine ganze
Weile mehr tiefes Leben schürfen aus der
Blick auf das Gartenhaus (Standort 8). großen Gartengeschichte der Völker. Sie
Landhausgarten R. F. in D. ist wirklich groß, und wenn man es richtig
GartenarAHekt: Paul Schädlidi. überlegt, hat sich auf keinem Gebiete der
gegenständlichen Bildung seit Eden soviel
Einöden mit Hilfe kunstreicher Bewässerung ihre ereignet, als auf dem des Gartenbaues. Aber es
„Paradiese" schufen, die Pompejaner Gärten auf fehlte uns Heutigen wenigstens ein zuverlässiger
den D ä ch er n ihrer Häuser anlegten, und daß einige Führer, der unsern vergrößerten Anforderungen ent-
durch Rüdtsicht auf die Kosten noch nicht angekrän- sprach. Den haben wir jetzt. Das Gotheinsche Werk
kelte Herrscher wie Hieron II. von Sizilien, Cali- kam wie eine Erlösung.
gula, das Soldatenstiefelchen von Rom, sich pracht- Erlösen wird es uns hoffentlich von manchen
voll-faule Schiffsgärten erlaubten. Ja schon Dünkeln und Irrtümern, mit denen wir uns bisher
in urgrauer Vorzeit, da die Pharaonen ihre Syko- umgaben. Was mich betrifft, so wünsche ich, daß
moren und Dattelpalmen in erprobtem Wechsel und es uns befreien helfen möchte von der Stimmung
immer gleicher Distanz pflanzten, war höhere Gar- der Halben und Unentschlossenen. Denn im
tentechnik fast schon so verbreitet — wie bei uns Gothein steht klipp und klar zu lesen, daß eine Nation
der „Höhere Gartenbauschüler" etwa. immer so mächtig war, als ihr Gartenleben schön,
Wo Gartentechnik ist, da sind auch tüchtige und daß ein Volk immer den Garten hatte, den es
Gärtner. Wir haben in unserer Zeit ja auch einige verdiente.
Gärtnerfamilien von Weltrang, wie die Vilmorins Daß es uns befreien möchte von dem Wahn der
in Frankreich, die Sanders in England oder die Hastenden, daß Menschen je glücklich werden
Späth's in Deutschland. Aber das sind geniale Han- könnten, ohne die Stunde der Besinnung zwischen
delsherren und Züchter. Solche überragende Gar- atmendem Grün. Im Gothein stehts; da sieht man
tengestalter aber, die einer ganzen Flucht von Ge- alle Phasen menschlichen Glückes wie auf einer
nerationen vorbildliche Gartenerscheinungen auf- großen Weltgartentafel auf- und niedersteigen.
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