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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 8
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Pniower, Otto: Berliner Gartenkunst im 17. und 18. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0123

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nannten Untergarten, der die Gegend des jetzigen „Des berühmten köllnisdien Poeten wohlklin-
Domes einnahm. Dieser Untergarten hatte viele gende lustige Paucke von hundert sinnreichen
bedeckte Gänge von Ulmen und Ligustersträuchen. Sdierzgedichten" gesammelt wurden. Dieser Poet
Hinter ihnen standen 11 marmorne, 29 bleierne verfaßte im Jahre 1655 auf die Geburt des früh
und 2 steinerne Statuen, die zum Teil Kopien verstorbenen Kurprinzen Karl Emil ein Wiegen-
berühmter Antiken waren. lied, in dem folgende Strophen vorkommen:

Die Mitte der ganzen Anlage bildete ein „ , . c , , . , . w .

_ •./->! .1 ■• 1 , . „ , Drum schlaf, es hat noch keine JNot.

Garten mit Obstbäumen, zu dem auch ein Vogel- Wann ist nidlt Krieg geschehn?

haus von bescheidenen Dimensionen gehörte. Und morgen, will's der liebe Gott,

Weiter links, also nach Westen zu, sollte ein Solstu den Garten sehn.

Fischteich angelegt werden mit einem Felsen und Den Garten, den dein Vater hat

einem zweiten Springbrunnen. Rund herum sollte So wunderschön gebaut,

er mit Linden bepflanzt werden. Dieser Plan kam Desgleichen Babylon die Stadt

aber nicht zur Ausführung. Wahrscheinlich wegen Kaum iemals ™9es<haut.

der schon erwähnten Niveauunterschiede. Ging Du wirst dich wundern um den Mann

man nämlich von hier aus nordwärts, so kam Mit einem Gabel-Stiel,

man wieder zu einer siebenstufigen Treppe, die o6r,^jSfr v°n tsidl sPrützen kan>

. , 1 . i r- < i . 1 oi.- bo bald der uartner wü.
sich etwa dort befand, wo heute das Steuerge-
bäude an der Eisernen Brücke in der Museums- Du siehst den Wunderschönen Klee

Straße steht und die zum Hintergarten führte. PTet? ™entz entgegen gehn

TT. , , T r , , Und Mannerchen weiß als der Schnee

Hier gelangte man zuerst zu einer Lindenplantage Nadi guter Ordnung stehn.

und von dort aus rechts über eine Brücke zu dem

botanischen und Küchengarten. Jener ist der An- Ku/Ühlstrdw TulpenJ.A«?1? an

r , , ... , t, ,;r t, , . , „ Und zweiteist, ob auch Hirt,

fang des beruhmtenBerlinerBotamschenGartens, Ein Mahler, so schön mahlen kann,

der später an das Ende der Potsdamer Straße Als hier gesehen wird.

verlegt wurde und heute sich in Dahlem befindet. „ ... , , ■• n .

. . Du wirst durch köstlichen Geruch

Dieser nördliche leil der Anlage war besonders g;^ auf ^as Hertz ergötzt,

morastig, was sich vor kurzem bei den Museums- Wann als ein Wolcken-blaues Tuch

bauten von neuem zeigte und das Fundamentieren Violen stehn gesetzt.

so schwierig und kostspielig machte. Er war von Du hörst das iieblidle Geschrey

acht Gräben in Form eines Sternes durchschnitten Der Vogel, wann zu mal

und enthielt außer der schon erwähnten Brücke Der Amsel Stimme kommt dabey

noch zwei. Vor seinem Eingang befand sich ein Nebst einer Naditigal.

Pomeranzenhaus, das 150 Fuß lang und 60 Fuß Du kömmst ins Pomerantzen-Haus

breit war. Die ganze Anlage hatte eine beträcht- Und probest den Geschmack.

liehe Größe. Nahm sie doch in der Länge das °u llf?sl,DirJC,itronen aus'

, <-.«., , , n t ■ < .. f-*10 Welscniand kaum vermaq usw.

gesamte Gebiet vom Schloß bis zur heutigen

Monbijoubrücke ein, in der Breite fast alles, was In der geschilderten Ausdehnung und Gestalt

hier zwischen den beiden Armen der Spree lag. hat der Lustgarten nicht lange bestanden. Die
Die größte Breite betrug ungefähr 188 Meter, wiederholt erwähnte Befestigung, die das Stadt-
die größte Länge
628, der Umfang
1569.

Diese Anlage, der
erste öffentliche, je-
dem Bürger zugäng-
liche Garten Berlins,
fand auch eine poe-
tische Verklärung,
wenn man das Wort
hier anwenden darf.
Der vornehmste Ge-
legenheitsdichter un-
serer Stadt war da-
mals der Kammerge-
richtsrat und Stadt-
richter Nicolaus
Peucker, dessen Rei-
mereien nach seinem

Tode unter dem Titel Abb. 7. Besitzung des Ministers v. Meinders in der heutigen Lindenstraße i. J. 1690.

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