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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 8
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Pniower, Otto: Berliner Gartenkunst im 17. und 18. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0125

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Abb. 9. Schloß Monbijou im Jahre 1755 nach einem Kupferstich von Schleuen.

wo sich jetzt in der Leipziger Straße Nr. 75 das Frankreich, Deutschland und den Niederlanden.

Geschäft von Wolf Wertheim befindet, an der Der berlinische Lustgarten des 17. Jahrhunderts

Jerusalemer Kirche vorbei südwärts bis zur west- war ein Renaissancegarten mit einem hollän-

lichen Landstraße, die über denTempelhofer Berg dischen Einschlag. Die Armut von Blumen- und

— heute Kreuzberg genannt —nach Leipzig führte. Rasenplätzen erklärt sich aus diesem Ursprung.

Die von zwei ungeniert an der Vorderseite ge- Nicht minder, daß über den Raum eine so große

legenen Viehställen flankierte Villa mit ihrem Zahl von Werken der Skulptur verteilt war. Hol-

Taubenhaus macht einen recht bescheidenen Ein- ländisch aber in ihm war vor allem das Lusthaus

druck. Von dem Garten selbst sieht man leider und die freilich nur projektierte Teichanlage,

nur wenige Bäume. Aus der literarischen Über- Dieses holländische Element erklärt sich aus dem

lieferung aber wissen wir, daß er schön und groß Umstand, daß Kurfürst Friedrich Wilhelm in den

war und eine beträchtliche Menge trefflicher Obst- Niederlanden aufgewachsen war, Meister Mem-

bäume, einige Teiche sowie zierliche Sommer- hardt von dort nach Berlin berief und sich jenes

lauben enthielt. Land überhaupt vielfach zum Muster nahm. Nun

Wie selten damals aber Privatgärten in Ber- aber eroberte sich in der zweiten Hälfte des

lin waren, lehrt eine Äußerung des Botanikers 17. Jahrhunderts ein neuer Stil der Gartenkunst

Johann Sigismund Elsholtz in seinem 1672 erschie- die Welt: der französische, als dessen Begründer

nenen Buch „Der Gartenbau" über einen anderen Lenotre anzusehen ist. In Berlin wurde zunächst

Garten, den sich der Minister Meinders vor dem der Lustgarten der neuen Mode angepaßt. Eine

eben erwähnten in der Gegend des damaligen Abbildung von ihm auf einem Kupferstich aus

Stralauer Tors anlegen ließ. Er nennt ihn unter dem Anfang des 18. Jahrhunderts zeigt diese Um-

den „Churfürstlichen Ministris, die dem rühm- Wandlung, auf die hier nur hingewiesen werden

würdigenBeispielihresRegentenfolgendansehn- kann. Ganz im neuen Stil angelegt wurde der

liehe Häuser mit zierlichen und nutzbaren Gärten Schloßgarten von Charlottenburg, zu dem die

theils allbereit erbauet theils damit noch im werck Pläne von Lenotre selbst entworfen wurden, wäh-

begriffen sind." # rend die Ausführung dem aus Paris verschriebe-

ö nen Gärtner Simeon Godeau übertragen wurde.

Die moderne Gartenkunst ist ein Kind der Auch dieses Werk kann hier nicht näher betrachtet

Renaissance und ihre Wiege stand in Italien. In werden, da ich mich bei der Fülle des Stoffes streng

Rom kam sie im Anschluß an die Reste der antiken auf Berlin beschränken muß.

Gärten auf und fand zunächst in Florenz Nach- Das erste Beispiel einer neuen Gartenanlage

ahmung. Von Italien aus verbreitete sie sich nach im französischen Stil in der inzwischen zur Re-

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