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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 13
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Gellhorn, Alfred: Alte schlesische Parkanlagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0216

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Schloßhof von Schloß Boyadel i. Sdil. (1735)

Zwinger, Kegelbahn, Reitbahn, Rotunde, Schieß- Es waren nicht nur die Großen, deren Lebens-
haus, Eremitage u. a. m. lust so reizvolle Schöpfungen hervorrief. Der

Diese Kleinbauten bildeten die geeignetste kleine runde Gartenplatz von Hassitz, dessen

Überleitung vom Schloß zum Park. In beschei- Mauer in graziösen Linien und Aufbauten die
denen Formen ordnen sie sich in Eckersdorf Kreisform variiert, und der Hausgarten des

der großen Wirkung der Gartenanlage unter Ludwigschen Lindenhofs bei Mitt e lwald e mit

(Bild S. 203). In Carlsruhe (O.-S.) umgeben seinen freundlichen Pavillons, seiner würdigen,

die Kavalierhäuser den kreisrunden Schloßplatz, regelmäßigen Plangebung und der schönen Aus-

vondemaus Ort und Park bis zur äußersten Kon- sieht (Plan Seite 206), sind der Beweis, daß auch

sequenz strahlenförmig orientiert sind. Dieser in dem kleineren Maßstabe bürgerlicher Lebens-

enthält viele weitere Pavillons von reizvollster weise Anlagen entstanden, die keine unzuläng-

Erscheinung, in denen bis in die Ausbildung des liehen Nachahmungen großartiger Vorbilder,

Innern die Wirkung des Gartens und der freien sondern selbständige Leistungen waren, ihrem

Luft zu fühlen ist (Bild Seite 204). Maßstabe und den Grenzen ihrer Verhältnisse

Selbst die Orangerie wurde in die gesell- entsprechend,
schaftlichen Veranstaltungen einbezogen. Der Das reiche Material, welches Alt-Schlesien

Mittelraum erhielt eine würdige Ausbildung und für die Freunde alter Gartenkunst enthält, ist

gab Gelegenheit zu recht prunkvoller Architektur hiermit nur auszugweise wiedergegeben. Wir

(Bild S. 205). In dem von Wallenstein angeleg- werden nicht in blinder Bewunderung die alten

ten Saganer Schlosse ist sie in die große Rampe Anlagen buchstäblich nachahmen. Unsere Lebens-

des höher liegenden Schloßhofes eingebaut und führung ist anders geartet und verlangt andere

entspricht mit ihrer schlichten und logischen Lösungen, denn die Daseinsbedingungen sind es,

Formengebung dem strengen Charakter der gan- welche die Erscheinungsformen bestimmen,
zen Bauschöpfung. Doch viel Beherzigenswertes ist in der Be-

Je weniger diese alten Parke benutzt werden, trachtung für uns enthalten: die Großzügigkeit
je stärker das Alter und die Natur Bau und der Plangebung, die weise Erkenntnis der Aus-
Pflanzung zusammenzufügen, desto unmittel- druckmittel und ihrer Grenzen, der Zusammen-
barer empfinden wir den Hauch einer hochent- klang von Architektur und Pflanzung, kurz: die
wickelten, vergangenen Kultur, welchen diese Vollendung des räumlichen Gestaltens, welches
Zeugen einer genußfreudigen Zeit in unsere den Inbegriff jeder Architektur bildet, auch der
poesiearme Gegenwart herübertragen. des Gartens! Gellhorn.

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